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SWR2 Wort zum Tag

29FEB2024
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Ein Freund hat mich um Rat gefragt. Er hat eine tolle Stelle angeboten bekommen, bei der fast alles gepasst hat: ein sympathischer Chef, eine reizvolle und überschaubare Aufgabe, ein schöner Arbeitsplatz und ein nettes Team. Nur eine Sache hat ihn gestört: dass er so weit fahren muss.

Ordensleute sind Spezialisten in so was. Sie haben ihre Wege sogar extra verlängert, obwohl in so einem Kloster doch alles schön eng beieinander liegt. Die Mönchszelle, die Kirche, der Speisesaal – meistens ist alles in einem Gebäudekomplex untergebracht. Aber genau deshalb haben die alten Mönche den Kreuzgang erfunden. Der liegt meistens im Zentrum eines Klosters - eine Art quadratisch angelegte überdachte Wandelhalle, in der Mitte befindet sich meistens ein Garten oder ein Brunnen.

Wenn ich als Mönch von meiner Zelle in die Kirche möchte - und das ist auch heute noch so - dann muss ich durch den Kreuzgang. Möchte ich von der Kirche in den Speisesaal, muss ich wieder durch den Kreuzgang. Der Kreuzgang war so etwas wie eine künstlich angelegte Extrastrecke. Auf heute übertragen: ein extra langer Pendelweg.

Als mein Freund davon gehört hat, hat er sich etwas unschlüssig am Kopf gekratzt und gesagt: „Die sind aber schön blöd. Die machen sich ja unnötig das Leben schwer.“

Die meisten Mönche haben das wohl anders empfunden. Sie haben den Kreuzgang ja bewusst so angelegt. Denn sie wollten eben nicht hopplahopp vom Studieren zum Beten übergehen oder vom Beten zum Essen. Sondern sie haben den Weg zwischen den Gebäudeteilen für etwas genutzt: Sie haben sich von der einen Situation gedanklich verabschieden können und sie noch einmal Revue passieren lassen. Und dann haben sie sich auf ihre neue Aufgabe eingestellt. Sie waren überzeugt, dass man so bewusster leben kann.

Auf meinen Freund übertragen könnte das heißen: Nutze die Fahrstrecke, um dich morgens gedanklich von zuhause zu verabschieden. Lass dir nochmal deine Familie oder Nachbarn durch den Kopf gehen, wünsche ihnen vielleicht alles Gute für das, was heute für sie ansteht. Und dann beschäftige dich schon einmal mit dem, was dich im Büro erwartet. Hol dir die Gesichter deiner Kolleginnen vors innere Auge, überlege dir, welches deine ersten Aufgaben heute sind, und was du heute Abend geschafft haben möchtest.

Das Pendeln dazu nutzen, um bewusster zu leben – das ist eine uralte aber schlaue Idee. Und darauf muss man erst mal kommen.

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SWR3 Worte

17FEB2024
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Der schwäbische Modemacher Harald Glööckler wurde gefragt, was er von der Kirche erwarte. Er hat geantwortet:

Die Kirche hat die Aufgabe, den Menschen Halt zu geben, wenn sie straucheln, ihnen aufzuhelfen, wenn sie gefallen sind, und ihnen Speise zu geben, wenn sie hungrig sind, und zwar geistiger als auch körperlicher Art. (…)

In einer Zeit, in der Menschen so extrem nach sich selbst und dem Sinn des Lebens suchen wie noch nie zuvor, kann Kirche wichtig sein, indem sie den Menschen hilfreich, liebevoll stützend und offen gegenübertritt und begleitet.

Quelle

Konradsblatt Nr. 30 vom 24.07.2022, Badenia-Verlag Karlsruhe, 2022, S. 79.

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SWR3 Worte

16FEB2024
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Warum an Gott glauben? Der ehemalige Therapeut Stanislaus Klemm hat für sich einen Grund gefunden. Er sagt:

Ich glaube an die Existenz Gottes, weil die unglaublich (…) komplexe Ordnung, Vielfalt und Schönheit (…) unseres gesamten Kosmos darauf hinweist, dass es „Jemanden" geben muss, der dies alles kreativ geplant, erschaffen, geordnet hat und am Leben erhält.

Quelle

Konradsblatt Nr. 16 – 2022, Badenia-Verlag Karlsruhe, S. 22.

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SWR3 Worte

15FEB2024
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Ein ganz einfaches Experiment, das jeder mitmachen kann, schlägt die Bloggerin und Autorin Susanne Niemeyer vor. Sie sagt:

Setz dich irgendwo hin.

Sieh dich um. Stell dir fünf Minuten lang vor, an diesem Ort

sei Gott (auch, wenn du das eigentlich nicht glaubst).

Dann  stell dir fünf Minuten lang vor, an diesem Ort sei kein

Gott (auch, wenn du das eigentlich nicht glaubst).

Gibt es einen Unterschied?

Quelle

Susanne Niemeyer: 100 Experimente mit Gott, Herder Verlag Freiburg, 2018, S. 54.

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SWR3 Worte

14FEB2024
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Anerkannt zu werden – das ist nicht nur am Valentinstag wichtig. Die Schauspielerin Ulrike Folkerts sagt:

Erst heute Morgen habe ich mit einer Freundin darüber geredet, wie sehr wir alle auf Anerkennung angewiesen sind. Und dass Menschen (…) wer weiß was anstellen, nur damit sie endlich wahrgenommen werden. Es sollte jeder Mensch mindestens einen anderen Menschen haben, der ihm sagt: Du bist was wert und ich sehe, was du kannst.

Quelle

Zeitschrift Galore Interviews, hg.v. Michael Lohrmann, Dialog GmbH Dortmund, Ausgabe 38 Galore (12/2019)  S.28.

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SWR3 Worte

13FEB2024
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Narren erzählen eine tiefe Wahrheit – dieser Meinung ist der ehemalige Klinik-Seelsorger Wolfgang Raible. Er schlüpft in die Rolle eines Narren und sagt:

Ich weiß, es ist jetzt nicht die Zeit für ernste Gedanken. Trotzdem kann ich mir einen Zwischenruf (…) nicht verkneifen.

(…) Denk an Gott! – Dazu fordert der Narrenstab auf. (…) „Narrenzepter“ sagen manche zu dieser Keule mit dem eigenen Spiegelbild – und es soll zeigen, wie lächerlich es ist, sich selbst an die Stelle des wahren Königs (…) zu setzen.

Denk an deinen Nächsten! Dazu ermahnen unüberhörbar die Schellen, die wir mit uns herumtragen. Buchstäblich auf Schritt und Tritt erinnern sie an die Worte des Paulus (…): Ein Mensch ohne Liebe ist wie (…) dröhnende Schellen. (…)

Jeder Schellenträger, der in diesen Tagen durch die Straßen springt, will, dass auch dem letzten die Ohren klingeln und er einsieht: ein Leben ohne Nächstenliebe ist hohl und oberflächlich.

Quelle

Wolfgang Raible, 100 Kurzansprachen, Herder Verlag, Freiburg 2009, S. 130f

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SWR3 Worte

12FEB2024
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Schon im Alten Testament gab es einen Umzug. Die Parallelen zu den heutigen Rosenmontagsumzügen sind erstaunlich. In der Bibel steht:

(König) David versammelte alle (…) und zog (…) nach Ba´ala (…), um von dort die Lade Gottes (…) zu holen (…)Sie stellten (sie) (…) auf einen (…) Wagen und (…) musizierten (…) mit (…) Leiern, Harfen und Trommeln (…). (…) Und David tanzte mit ganzer Hingabe vor dem HERRN her (…). (Sie) brachten (…) die Lade (…) unter Jubelschall (…) hinauf (…) in die Davidstadt.

(Dort) schaute (Davids Frau) Michal (…) aus dem Fenster, und als sie sah, wie (…) David vor dem HERRN hüpfte und tanzte, verachtete sie ihn (…).

Als David zurückkehrte, (…) kam ihm Michal (…) entgegen und sagte: Wie würdevoll hat sich heute der König von Israel benommen, als er sich vor den Augen (…) seiner Untertanen bloßgestellt hat (…). David erwiderte: (…) Für den Herrn will ich mich (...) noch geringer machen als dieses Mal. Zu seiner Ehre will ich auch künftig tanzen und springen.

Quelle

Die Bibel, Einheitsübersetzung, 2 Sam 6, 1-6.14-16.20-22 in Auszügen.

 

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SWR3 Worte

11FEB2024
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Eine Geschichte darüber, was vielleicht alles in uns steckt, ohne es zu wissen:

Es war einmal ein Bauer, in dessen Hühnerstall ein merkwürdiger Vogel scharrte. Der Bauer hielt (es) für ein Huhn, aber es war etwas Eigenartiges an ihm.

Da kam ein Fremder in das Dorf, sah den Vogel und sagte: „(…) Wie kannst du einen Adler in deinem Hühnerstall halten?“ Der Bauer antwortete: „Das ist doch kein Adler! Dieser Vogel scharrt wie ein Huhn (und) pickt wie ein Huhn. Das kann nur ein Huhn sein.“

Da sagte der fremde Mann: „Bitte gib mir dein Huhn einmal.“ (…) In aller Herrgottsfrühe stieg der Fremde mit dem Vogel auf eine Bergspitze (…). Als die Sonne aufging, hob er den Vogel hoch und rief ihm zu: „Flieg Adler, flieg!“ Der Vogel reckte den Kopf (…), breitete seine Schwingen aus, erhob sich in die Lüfte und flog in die Ferne – weit weg, der Sonne entgegen.

Quelle:
Kai Uwe Scholz, Erzählung aus Afrika, in: Wandeln. Mein Fastenwegweiser, Andere Zeiten Verlag, Hamburg 2015, S. 66

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SWR3 Gedanken

20JAN2024
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Kann man das Leben mit einem Exit Game vergleichen? Die Frage ist mir gekommen, als ich mit meinen beiden Jungs eines dieser Exit Games gespielt habe. Man ist in einem Raum eingesperrt, und während ein Countdown runterläuft, muss man bestimmte Aufgaben und Rätsel lösen. Dadurch kommt man an einen Code oder Schlüssel, der in die Freiheit führt.

Mein Leben steckt auch voller Aufgaben: Kränkungen und Krisen überstehen, Krankheiten meistern oder mit ihnen leben. Und ich muss Entscheidungen treffen: Welchen Beruf ergreife ich, mit wem möchte ich zusammenleben und wie? All das sind kleine Schlüssel für ein zufriedenes Leben.

Der Countdown erhöht natürlich die Spannung und den Druck im Spiel. Auch das kenne ich vom echten Leben. Es läuft zwar keine Uhr runter. Aber trotzdem fühle ich mich oft gehetzt und getrieben. Und meine Lebenszeit läuft natürlich auch ab, mit dem Unterschied, dass ich den Endpunkt Gott sei Dank nicht kenne.

Ich glaube, der größte Unterschied zum Exit Game ist, dass ich mich nicht eingesperrt fühle. In meinem Leben gibt es auch keinen vorgegebenen Ablauf. Für mich ist Gott nicht der Spielleiter, der sich möglichst knifflige Aufgaben überlegt und mir dann hämisch über die Schulter zuschaut. Im Gegenteil: Gott begleitet mich wohlwollend und lässt mir alle Freiheiten - bis dahin, dass ich mich auch gegen ihn entscheiden kann und trotzdem kein schlechteres Leben habe. Am Ende des „Spiels“ spielt Gott dann eine entscheidende Rolle: Er lässt mich nicht raus, sondern rein. Entry statt Exit - Eingang zu etwas ganz Großem.

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SWR3 Gedanken

19JAN2024
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Es gibt so Fotos, da freut man sich wahnsinnig, wenn man sie geschickt bekommt. Ich hab so eins bekommen. Zu sehen darauf ist das Paar Arlette und Donald, beide Mitte 50, und die Studentin Cheyenne. Sie haben alle drei ein Glas Sekt in der Hand und prosten mir zu. Die drei waren Hauptdarsteller in einer Doku, die bei einem Nachwuchsfilm-Wettbewerb des SWR einen Preis bekommen hat. Ich saß mit in der Jury, und deshalb haben sie mir das Foto geschickt.

Das besondere an dem Foto ist, dass Donald noch lebt. Er hat nämlich Krebs und weiß, dass er bald sterben muss. Darum geht’s auch in der Doku. Das ist ein schweres Thema. Aber Donald und Arlette gehen so tiefsinnig und gleichzeitig leicht damit um, dass es die ganze Jury berührt hat.

Im Film präsentieren die beiden das Urnengrab, das sie sich gemeinsam ausgesucht haben. Es befindet sich in der dritten Etage einer Urnenwand. Donald steht auf seinen Rollator gestützt davor und sagt: „Das ist mein neues Zuhause. Super Ausblick, aber leider keine Fenster.“ Später sitzen sie zusammen auf der Küchenbank und Donald gesteht Arlette: „Du bist so vieles für mich: meine Frau, meine Köchin und meine Medizin.“

Und dann ist da noch Cheyenne. Die Studentin ist Hospizhelferin und besucht Donald immer wieder. Sie hört zu und unterstützt die beiden. Sie sagt: „Ich bezeichne mich gerne als `Zeitschenkerin´, aber eigentlich verschenkt Donald viel wertvollere Zeit als ich, denn seine ist begrenzt.“

Wenn ich mir das Foto der drei mit dem Sektglas in der Hand anschaue, dann denke ich: Alle drei verschenken Zeit und Liebe. Und die Liebe bleibt, auch wenn die Zeit irgendwann mal abgelaufen ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39083
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