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SWR3 Gedanken

17MRZ2025
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Lautes Lachen im Konfi-Unterricht. Die 13-jährige Amelie verkündet: „Ich werde mal Pfarrerin; da arbeite ich nur am Wochenende und alle müssen mir im Gottesdienst eine Stunde lang zuhören!“ Ich lache mit und denke mir kurz: Spannend, wie mein Beruf von anderen wahrgenommen wird. Was mich aber wirklich freut, ist, dass sich aus ihrer Aussage heraus ein spannendes Gespräch rund um das Thema Gottesdienst ergibt. „Mal im Ernst, Frau Schimmel, was bringt eigentlich Gottesdienst?“, fragt sie weiter, und die anderen nicken. Wir überlegen also miteinander, was das genau ist: Gottesdienst.

Schnell sind sich alle Konfis einig, dass das für sie eine meist langweilige Stunde ist, in der viel gebetet wird. Außerdem wird gesungen. „Ein Dienst an Gott halt, sagt doch schon der Name“, wirft Manuel ungeduldig ein.

Ist es tatsächlich nur ein Dienst an Gott? Ich hake nach. „Was hätten wir Menschen, denn dann davon? Denkt doch mal an alles, was ihr von Jesus gelernt habt.“ Da spucken meine pfiffigen Konfis alles aus, was sie so wissen: Dass es Jesus cool findet, wenn wir unseren Nächsten lieben, wenn wir anderen helfen, sogar dann, wenn wir sie nicht mögen. „Jesus ist für den Dienst am Menschen“, fasst eine weitere Konfirmandin unser Gespräch richtig gut zusammen. „Und im Gottesdienst hören wir ja von diesem Jesus, der uns zeigt, wie wir das machen.“ Zum Schluss erzähle ich ihnen noch, dass Jesus einmal gesagt hat: „Was ihr für einen meiner Brüder oder eine meiner Schwestern getan habt (…), das habt ihr für mich getan.“ (Mt 25,40) Wenn ich also einem Menschen etwas Gutes tue, tue ich das auch für Gott. Menschendienst ist Gottesdienst. Und das findet nicht nur am Sonntag statt, sondern die ganze Woche.

„Ach nee“, ruft Amelie wieder rein, „dann werde ich doch nicht Pfarrerin! Die ganze Woche Gottesdienst, das ist mir dann doch zu anstrengend!“

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SWR3 Gedanken

16MRZ2025
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Neulich hatte ich ein langes Gespräch mit einer Freundin übers Fasten in der Passionszeit. Ihr war das alles zu viel. „In meinem Kopf ist seit Wochen Weltuntergangsstimmung“, sagte sie „und jetzt auch noch Passionszeit! Die Welt versinkt gefühlt im Chaos, ich bin gefangen in einer dicken Wolke aus negativen Gedanken und dann soll ich fasten? Ne! Das ist mir too much! Wenn ich jetzt noch auf Süßes oder Schoki verzichten muss, dann habe ich ja gar keinen Grund mehr, mich am Leben zu erfreuen. Ich streike: Ich faste nicht.“ Ich habe ihr dann erzählt, dass es beim Fasten gar nicht unbedingt nur um das Verzichten gehen muss und was es inzwischen für alternative Ideen gibt:  Fasten, um sich zu verändern, ohne auf Nahrungsmittel und Leckereien zu verzichten. Fasten, indem ich auf das schaue, was wirklich wichtig ist im Leben.

Die Fastenzeit vor Ostern ist an Jesu Zeit in der Wüste angelehnt. Da hat er zwar auch auf Essen und Trinken verzichtet, aber vor allem hat er die Zeit genutzt, um seinen Blick neu auszurichten. Genau das kann auch Vorbild für ein Fasten sein: Die Welt eine Weile lang anders zu betrachten, über meinen Glauben nachzudenken; auch über den Sinn und Unsinn des Lebens.

Da hat meine Freundin die Augenbraue hochgezogen. „Wie soll das gehen? Das klingt kompliziert. Und dann muss ich ja wieder über ernste Dinge nachdenken, denen ich doch zurzeit eigentlich lieber entfliehen möchte!“ Ich habe sie dann unterbrochen und erklärt, dass ihr niemand vorschreibt, über Ernsthaftigkeiten nachzudenken. Und habe ihr davon erzählt, dass ich seit ein paar Jahren Pessimums faste. Das heißt, ich suche mir jeden Tag bewusst eine Sache heraus, die mich optimistisch stimmt. Allein bei der Suche danach stelle ich fest, wie viel Wunderbares unsere Welt zu bieten hat. Und das verändert mich zum Positiven. Es geht mir nicht darum, die Welt rosarot und naiv zu betrachten. Es geht um Dankbarkeit. Um Hoffnung. Um den Mut weiterzumachen.

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SWR3 Gedanken

11JAN2025
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Wo ist das Licht hin? Die schöne warm-strahlende Beleuchtung an Hauseingängen und Straßenlaternen. Die herrliche Lichterkette auf dem Baum vorm Rathaus und die flackernden Kerzen hinter Wohnzimmerfenstern?

Nach und nach ist das Licht weg. Ausgeschaltet. Weggeräumt. Die Feiertage sind vorbei und mit ihnen verschwindet auch das Licht, dass uns allen so gutgetan hat.

Warum eigentlich? Schließlich ist der Winter noch da. Mit ihm die grauen, nasskalten und ungemütlichen Tage. Für Viele – auch für mich - ist der Winter eine echte Herausforderung. Die nicht enden wollende Dunkelheit legt sich schwer auf meine Seele und macht mich melancholisch.

Und so ganz verstehe ich es nicht: den ganzen Dezember lang sind wir großzügig, fast verschwenderisch mit Licht. Wir sprechen von Hoffnung und Frieden. Wir tun Gutes, weil wir selbst ein Licht für andere sein wollen.

Dann kommt der Januar und mit einem Fingerschnipsen ist alles vorbei. Auf das Festtagshoch folgt Katerstimmung. Der Januar- Blues. Aber das mache ich dieses Jahr nicht mit. Denn es verbietet mir ja keiner, dass ich mir weiterhin morgens eine Kerze entzünde und die Lichterkette im Wohnzimmer anmache und ich habe so Gefühl, dass die Welt dieses Jahr besonders viel Licht braucht. Deswegen nehme ich das Weihnachtslicht mit in meinen gewöhnlichen Tagesablauf. Hoffnung und Frieden schaden ja schließlich auch im Januar nicht.

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SWR3 Gedanken

10JAN2025
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„Ach, das habe ich überhaupt nicht über ihn gewusst! Danke, dass sie uns das erzählt haben. So durfte ich ihn noch einmal ganz anders kennenlernen.“ Eine Frau hatte mich nach einer Beerdigung, die ich als Pfarrerin gehalten habe, mit diesen Worten angesprochen.

Wenn ich ein Menschenleben verabschiede und mit der Familie Revue passieren lasse, fällt mir immer wieder auf, wie unglaublich facettenreich unser Leben ist und wie unmöglich es ist, jemanden ganz und gar zu kennen. Je mehr Leute dann beim Beerdigungsgespräch dabei sind, desto mehr Details kommen ans Licht. Die eigenen Kinder wissen oft wenig von der Jugend des Vaters. Die Geschwister können alte Geschichten erzählen, die die Ehefrau noch nie gehört hat. Schulfreundinnen erinnern sich an lustige Anekdoten.

Es ist spannend, wie man dann sehen kann, wie die Erfahrungen, die ein Mensch im Laufe eines Lebens macht, ihn verändern. Wir sind nie ein Leben lang dieselben.

Aber egal, wie viel Geschichten über einen Menschen vor einer Beerdigung erzählt werden: Das ist vor allem das, was andere in einem Menschen gesehen haben. Und das ist vor allem das Äußere:  Unser Äußeres bestimmt mit, was jemand von uns denkt und ein Mensch, der immer lächelt und auf Leute zugeht, wird ziemlich sicher immer für happy und selbstbewusst gehalten.

Dazu kommt: Je nach Situation, Ort und Gesellschaft zeigen wir eine Seite von uns und verbergen vielleicht eine andere.

Wer sind wir wirklich?

Beerdigungen haben mir deutlich gemacht: Du kannst einen Menschen immer wieder neu kennenlernen. Du weißt nie alles. Und du solltest niemanden in ein vorgefertigtes Bild quetschen, denn wir sind viel mehr als das.

Allein Gott weiß, wer wir wirklich sind. Und das ist ein schönes Geheimnis.

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SWR3 Gedanken

09JAN2025
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"Stellen Sie sich vor meine Enkelin, die ist 10 und möchte Influencerin werden,“ meinte vor kurzem ein älterer Mann aus der Gemeinde zu mir.  Er schüttelte den Kopf.  „Influencerin“ betonte er noch einmal mit angewidertem Gesichtsausdruck und sagte noch „Die Kinder von heute, die wollen nichts Vernünftiges mehr lernen.“

Solche oder ähnliche Aussagen höre ich immer häufiger. Nicht nur Alte machen sich darüber Gedanken, dass der Berufswunsch: Influencer, hoch im Kurs steht, sondern auch die Elterngeneration.

„Haben sie ihre Enkelin denn mal gefragt, was sie als Influencerin beeinflussen möchte?!“ habe ich den Mann gefragt und er hob nur fragend die Schultern.

Die weitverbreitete Meinung ist ja, dass Influencer auf Insta, Tiktok und Youtube ihre Reichweite nur wegen ihres guten Aussehens haben, aber eigentlich nichts können.  
Und: Sie würden nur unnütze Produkte vermarkten und sind zu faul zu arbeiten. Und klar: solche gibt es.

Aber wenn man sich in den Weiten des Internets umschaut, stellt man auch fest: viele Influencer beeinflussen Menschen mit wirklich guten Dingen. Von denen sie einfach viel Ahnung haben. Die meisten haben eben doch etwas „Richtiges“ gelernt und sind Profis in ihrem Gebiet. Menschen teilen ihre Erfahrungen aus allen erdenklichen Bereichen und verhelfen dadurch zu mehr Gesundheit, Kreativität und Umweltbewusstsein. Sie fördern demokratisches Denken und setzen sich gegen Diskriminierung und Rassismus ein.

Ich finde, dass Influencer ein toller Berufswunsch ist. Und deswegen hake ich bei Kindern nach: Auf welchem Gebiet möchtest Du Dich eines Tages richtig gut auskennen und ein Vorbild für andere werden? Meist bekomme ich dann spannende und schlaue Antworten und dann finde ich den Berufswunsch Influencer oft sogar interessanter als die vielen Tierärztinnen und Fußball-Stars, die es in meiner Jugend als Berufswunsch gab.

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SWR3 Gedanken

08JAN2025
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„Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“ – ach wäre es doch im Leben auch so einfach wie im Märchen. Zumindest bei Aschenputtel ist das sehr eindeutig mit dem Einteilen in gut und schlecht.

Wie einfach wäre es, gäbe es nur rechts oder links. Schwarz oder weiß. Gut oder schlecht. Wir Menschen sehnen uns oft nach dem richtigen Weg und der Wahrheit, die keine Zweifel mehr mit sich bringen und keine Fragen mehr offenlassen. Manche von uns suchen Antwort im christlichen Glauben, weil sie denken: in der Bibel steht doch genau, was zu tun ist. Daran muss ich mich halten – und gut ist.

Aber so einfach ist es nicht. Die Bibel ist keine Anleitung oder Handbuch für ein perfektes untadeliges Leben. Wie alles im Leben ist es viel komplizierter.

Die Bibel ist nicht aus einem Guss geschrieben. Sie ist eine Sammlung von Geschichten von Menschen, die ihre Erfahrung mit Gott teilen. In der Bibel gibt es nicht die EINE Wahrheit. Stattdessen begegnen einem da unterschiedliche Glaubenszeugnisse. Und die Bibel will uns auch gar nicht, die eine Wahrheit vermitteln! – auch wenn Manche uns dies weismachen wollen.

Paulus, der Apostel, der viel über die Wahrheit nachgedacht hat, schreibt: „Prüft alles und behaltet das Gute.“

Ein genialer Satz. „Prüft alles und behaltet das Gute.“ Für mich bedeutet das: nichts ist eindeutig. Es braucht gründliche Überlegungen, Diskussionen und Wissen, um das Gute zu finden. Dazu gehören Verstand und Herz gleichermaßen.  

Prüfen und das Gute behalten geht nicht mal eben so. Das ist Arbeit.
Und vor dieser Arbeit sollte ich nicht wegrennen, sondern mutig immer wieder das Gute suchen!

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SWR3 Gedanken

07JAN2025
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Aus meiner Kindheit in Frankreich kenne ich einen schönen Weihnachtsbrauch: In der Zeit um den 6. Januar isst man eine Galette des Rois. Ein Dreikönigskuchen. Die Galette soll an die Weisen aus dem Morgenland erinnern, die dem Stern folgten und zur Krippe kamen, in der das Jesuskind lag.

Der Kuchen ist aus Blätterteig. Innen befindet sich Mandelmasse und in dieser ist eine kleine Fève versteckt. Früher war das eine Bohne. Heute ist es eine kleine Porzellanfigur - ein kleines Jesuskind, Maria, ein Schäfchen, Engel oder Hirte. Wer das Stück erwischt, in dem die Fève versteckt ist, ist dann König oder Königin.

Der Brauch eine Galette zu teilen, findet erst in der Zeit nach Weihnachten statt.
Das finde ich spannend – denn im Januar sind wir ja längst wieder im Alltagstrott gefangen und haben die Weihnachtshoffnung meist schon wieder vergessen.

Wenn ich aber im Januar nach der Schule oder beim Kaffee mit Freundinnen eine leckere Galette des rois esse, dann nehme ich das Weihnachtsgeschehen mit hinein in meinen Alltag.

Die kleinen Porzellan-Krippen-Figuren aus dem Kuchen zeigen mir: Mit Weihnachten ist noch lange nicht Schluss. Und man könnte sich fragen: wie ging es eigentlich weiter im Alltag der Menschen aus der Weihnachtsgeschichte?

Wie ist es den Hirten ergangen, nachdem sie den Stall wieder verlassen hatten? Haben sie Gottes Nähe weiterhin gespürt? Und Maria? Wie ist sie dem Trubel umgegangen? War es nicht manchmal schwer, einen Sohn zu haben, der schon als Kind so besonders war?

Und wie ist es im Alltag der Menschen um uns herum? Wie geht es der alten Nachbarin, deren Ehemann kurz vor Weihnachten verstorben ist? Konnte sie trotz Trauer auch ein bisschen Weihnachtshoffnung ins neue Jahr nehmen? Kann ich ihr vielleicht behilflich sein?

Die Galette des Rois - mit diesem leckeren Kuchen bleibt Weihnachten auch im Januar und in den Wochen danach im Kopf – und ich frage mich: Was von Weihnachten wäre es eigentlich wert, noch über das ganze Jahr sich beizubehalten?

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SWR3 Gedanken

06JAN2025
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Ein Blick in den Himmel kann alles verändern. Es war am 4. Februar 2001 – dem Abend vor meiner ersten schriftlichen Abi-Prüfung – als ich in den Sternenhimmel blickte und plötzlich etwas mit Sicherheit wusste – etwas das mein ganzes Leben verändern würde. Ich wusste: Ich werde Pfarrerin. Es war eine Gewissheit aus heiterem Himmel. Nicht geplant. Nicht durchdacht. Nicht vorherzusehen. Es war ein Abend wie jeder andere in meinem Heimatdorf in Frankreich. Ein Spaziergang mit meinem Hund Waldi. Kalte Finger. Nachdenkliche Stimmung. Sorge vor der morgigen Prüfung und einen Blick nach oben. Einen Blick in die Weite. Einen Blick in die Unendlichkeit. Sternenstaub und Sternefunkeln.

Ich gehöre nicht zu den Sorglosen. Weder als Kind noch als junge Frau gehörte ich zu dieser beneidenswerten Spezies.  Ich gehöre zu den Schwarzmalerinnen. Zu den Zukunftsängstlichen.

Es war nie mein Motto: auf in den Kampf – eher ab in die Flucht bzw. Kopf in den Sand oder hin zum Weg des geringsten Wiederstandes. Schule war nie mein Ding gewesen. Nicht weil ich nichts lernen wollte, sondern, weil ich dachte: Ich kann nichts.

Jetzt stand ich kurz vor dem Beginn der Zeit nach der Schule. Ich sah mich sorglos in Hannover bei meiner älteren Schwester wohnen, meine Ausbildung zur Tierarzthelferin absolvierend mit ganz vielen Fellnasen um mich herum, die nur von mir verlangten, dass ich sie liebhabe. Ich hatte mir alles so schön zu Recht gelegt. Den Weg durchdacht.  Geplant. In meiner Komfortzone.
Und es kam alles anders. Nur weil ich in die Sterne sah.

In die Sterne schauen, geht nur mit einer bestimmten Haltung: den Kopf aufrecht nach oben gestreckt. Das ist auch meine liebste Gebetshaltung.

Damals hat mich das in Bewegung gesetzt. Ich wurde von Ungeahntem geleitet und konnte so nach den Sternen greifen.

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SWR3 Gedanken

05JAN2025
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Manchmal geht es einfach so richtig schief: Vortragsabend mit interessierten Zuhörerinnen, aber der Vortrag ist zu lang und die ersten gähnen schon nach 5 Minuten. Oder: Du hast vergessen eine wichtige E-Mail weiterzuleiten. Das kostet deine Firma eine Menge Geld und die Chefin ist stinkesauer. Oder auf dem Bau: Du warst bei der Verklebung der Dämmplatten schludrig ungenau und nun schimmelt es im Keller.

Sowas kennt jeder von uns. Momente, in denen wir vor Scham im Erdboden versinken möchten, weil wir es verbockt haben. Das sind Dinge, die wir unter den Teppich kehren, denn allein die Erinnerung daran, treibt uns die Schamesröte ins Gesicht. Manches möchten wir am liebsten schweigend mit ins Grab nehmen.

Man kann aber mir solchen Fehlern auch anders umgehen. Dem Tabu ein Ende bereiten und in sogenannten FuckUp -Nights freiwillig und vor anderen über das eigene Scheitern zu sprechen. FuckUp-Nights geben dem Scheitern Raum.

Der Sinn solcher Veranstaltungen ist, dass wir akzeptieren, dass Fehler im Leben unvermeidbar sind und dass sie uns in vielen Fällen sogar ein Stückweit voranbringen, und es nicht hilft sie voller Scham zu vertuschen

Was ich aber noch wertvoller finde an diesen FuckUp-Nichts: Das Geradestehen für die eigenen Fehler.  Wie leicht ist doch eine Entschuldigung gefunden oder ein anderer verantwortlich gemacht.

Sich hinzustellen und zu sagen: ICH habe es vergeigt, zeugt von wahrer Größe.

Das ist mutig und zeigt: Ich akzeptiere meine eigene Unvollkommenheit. Niemand macht immer alles richtig. Auch die anderen nicht! Und jetzt kann ich mich darauf konzentrieren, meinen Fehler zu korrigieren.

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SWR3 Gedanken

02NOV2024
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Im Leben meiner Tochter gab es schon früh andere Frauen. Frauen, die einen wichtigen Platz im Leben und Herzen meines Kindes eingenommen haben. Da gab es z.B. ihre Tagesmutter. Schon mit vier Monaten war sie regelmäßig dort, so dass ich meine Examensarbeit beenden konnte. Und genauso regelmäßig wurde ich damals von anderen Müttern gefragt: "Bist Du nicht eifersüchtig, dass Dein Kind eine so enge Bindung zu einer anderen Frau aufbaut?" Ich muss zugeben, dass mich diese Frage immer vollends überfordert hat. Ja, müsste ich nicht eifersüchtig sein? Ist es normal, dass ich es nicht bin? Denn ich bin es nicht!
Die liebevollen Bindungen, die mein Kind zu anderen Menschen hat, stören ja nicht die Beziehung, die ich zu meiner Tochter habe. Unsere Bindung wird dadurch nicht schwächer. Im Gegenteil: Ich glaube, je mehr Liebe sie von anderen wunderbaren Frauen bekommt, desto besser ist das. Durch andere weibliche Vorbilder bekommt mein Kind ganz unterschiedliche Formen von Liebe mit, und es entlastet mich vom Druck, alles für meine Tochter sein zu müssen und alles zu können.

Bei ihrer Tagesmutter hat sie beispielsweise gelernt zu basteln: die Schere so zu halten, dass man gut schneiden kann, kleben, anmalen und verzieren.

Meine Freundin, die hat sich immer wieder Zeit genommen, um mit meiner Tochter zu backen. Schon mit zwei Jahren konnte sie Eier in eine Schüssel schlagen. Und meine Freundin hat mit ihr auch dann noch gelacht, wenn es in der gesamten Küche Mehl schneite. Von meiner Mutter hat sie die Leidenschaft für Bücher und von meiner Schwester die Freude am Kickboxen. Und das ist nur ein Bruchteil der Frauen, die im Leben meiner Tochter eine Rolle spielen. Ich bin einfach dankbar dafür.

Denn: Liebe wird nicht weniger, wenn sie sich auf verschiedene Personen verteilt.

Im Gegenteil: Liebe wird immer mehr.

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