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SWR3 Worte
An kratzigen Tagen brauchen wir ein bisschen besondere Zeit für uns, findet die Autorin Susanne Niemeyer:
Jeder Tag soll ein paar Flauschminuten haben
in die du dein Gesicht vergraben kannst
die nach Waschpulver riechen
und nach Geborgensein
Jeder Tag soll ein paar Minuten haben
in denen alles gut ist
und was nicht gut ist, bleibt draußen
Es kommt schon nicht zu kurz
Jeder Tag soll dich ein paar Minuten in Watte packen
damit du nicht zerbrichst
Quelle:
Susanne Niemeyer: Schau hin. Vom Hellersehen und Entdecken, Segen für kratzige Zeiten, Herder Verlag, 2021, S. 35
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Das Leben ist nicht immer leicht. Susanne Niemeyer hat ein paar Tipps, wie wir es trotzdem etwas leichter nehmen könnten:
Nimm die Härte von Deiner Stirn. Sag „Ich weiß nicht“ auch wenn das schwer auszuhalten ist. Denk trotzdem weiter. Weich sein heißt nicht schwach sein. Erinnere dich, was deine Großmutter dir beigebracht hat oder der Religionslehrer, vielleicht hast du es auch in einem dieser Lebensratgeber gelesen: Liebe deinen Nächsten, und wenn du nicht lieben kannst, dann begegne wenigstens jedem Menschen mit Respekt. (…)
Lach der Enttäuschung ins Gesicht. Vielleicht heitert sie das auf. Sie hat es auch nicht leicht. Sei nachsichtig. Mit dir und mit den anderen (…) Hör nicht auf daran zu glauben, dass jeder sein Bestes versucht. Gib die Suche nach der Wahrheit nicht auf. Glaub nicht jeder Schlagzeile, die Welt lässt sich nicht in schwarz und weiß aufteilen. Lerne mit dem Zwiespalt zu leben.
Nimm dich an. Gott tut es auch.
Quelle:
Susanne Niemeyer: Schau hin. Vom Hellersehen und Entdecken, Lebensflausch, Herder Verlag, 2021, S. 34
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Man kann sich schon darüber wundern, was Gott uns mit seiner Ankunft zumutet, findet die Autorin Lilli Gebhard und schreibt:
Dass da ein Baby ist, das aus Liebe und Zuneigung der Eltern heraus lebt, ist wunderbar und zugleich eine Zumutung. Und dass das die Art und Weise ist, wie Gott auf die Welt kommt, scheint fast schon absurd. Ein Gott, der zuerst geliebt werden will, geliebt werden muss, sich selbst zumutet. Ein Gott, der in Beziehung hineingeboren wird und auf das Funktionieren dieser Beziehung angewiesen ist. Dass er sich selbst dem Funktionieren menschlicher Beziehungen anvertraut, ist unglaublich.
Was für eine Aufwertung und Hochschätzung des Menschen. Und was für ein Vertrauen in unsere Beziehungsfähigkeit.
Quelle:
Lilli Gebhard, Adventslichter, 24 leuchtende Momente für eine besondere Zeit, Neukirchener Verlag, 2022, S. 60
https://www.kirche-im-swr.de/?m=36702SWR3 Worte
Weshalb kommt Jesus eigentlich als Baby in unsere Welt und nicht gleich als starker Retter? Die Autorin Lilli Gebhard hat da so eine Idee:
Ein Baby ist einfach da. Es bringt nur sich selbst mit. Gerade weil es nichts anderes kann, kann es nicht einmal von selbst wieder gehen. …
Was wäre, wenn die erste Nachricht Gottes, die er mit Jesus auf die Erde geschickt hat, ist: Ich komme um zu bleiben. (…)
Als er in Maria wuchs, in ihrem Arm lag und in ihrem Herzen, war er da, um zu bleiben. Ein Baby hat keine Möglichkeit seine Meinung zu ändern. Es ist bedingungslos einfach da. Ausgeliefert.
Und da ist er, mein Friedefürst. In meinen schwierigsten Nächten machte er nicht, worum ich ihn bat, aber er war da mit mir.(…) war er mein Friede, mein Zuhause, meine Ruhe, meine Kraft. (…)
Das ist ein Wunder, dass der Friedefürst als ein Baby kommt. Es ist die radikalste Art zu sagen: Ich komme, um zu bleiben.
Quelle:
Lilli Gebhard, Adventslichter, 24 leuchtende Momente für eine besondere Zeit, Neukirchener Verlag, 2022, S. 49-50
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Love. Hate. Liebe und Hass. Die Künstlerin Mia Florentine Weiß hat diese beiden Wörter: LOVE und HATE - Liebe und Hass - in Stahl gegossen. Sie hat eine Skulptur erschaffen, die beide Worte verbindet. Ein Zwei-Wort-Gedicht. Ein Ambigramm. Das heißt: wenn man von der einen Seite auf die Skulptur schaut, dann liest man LOVE, betrachtet man das Werk aber spiegelverkehrt liest man plötzlich HATE.
Die LOVE-HATE Skulptur hat in den letzten vier Jahren an ganz unterschiedlichen Stellen in Europa gestanden. In Berlin vor dem Brandenburger Tor. In Brüssel, in Prag, vor dem Europapark in Rust und mittlerweile hat sie es sogar übers Meer in die USA geschafft.
Ein Freund meinte, er fände dieses Kunstwerk banal, ja geradezu simpel.
Ich dagegen finde es genial! Genial in seiner Einfachheit! Wir leben in einer Welt in der immer beides existiert: Liebe und Hass. Und nirgendwo erlebe ich das deutlicher als im Internet. An einem Tag wirst Du auf Insta und Youtube geliebt und gefeiert, am nächsten Tag wirst Du mit Hasskommentaren bombardiert. Ich habe beides schon erlebt.
Mich erinnert die Skulptur von Mia Florentine Weiß daran: Liebe ist kein Zustand, der für immer und ewig in Stahl gegossen ist. Liebe funktioniert nicht von selbst. Liebe ist immer wieder auch Arbeit. Zu Lieben bedeutet sich selbst zu reflektieren. Umzudenken. Eine andere Perspektive einzunehmen. Den Blickwinkel zu ändern und bereit zu sein den Schalter umzulegen.
Die Künstlerin nennt sich übrigens selbst: Jesusfreak! Und da verstehe ich ihre Kunst noch besser. Denn Jesus fordert von uns Menschen genau das: Denkt doch mal anders. Denkt doch mal um. Es ist so leicht den Feind zu hassen. Wie wäre es aber, wenn ihr der Liebe mehr Raum gebt? Ihr Menschen könnt das. Es ist schwer, aber machbar.
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Ich sitze bei einem Brautpaar. Traugespräch. Wir planen den Gottesdienst zu ihrer Hochzeit. Nachdem das Organisatorische geklärt ist kommen wir zum Spannenden Teil. Denn, um eine schöne Ansprache halten zu können möchte ich ein bisschen was von den beiden wissen. Deshalb frage ich sie: „Wie habt Ihr Euch kennengelernt? Was ist Eure Geschichte?“ Augenblicklich erröten Beide. „Naja also, Onlinedating“ rückt die zukünftige Braut endlich raus. „Tinder“ fügt sie kichernd hinzu und ich habe das Gefühl, sie schämt sich ein bisschen.
Ich lache beide an! „Toll, sage ich, wie aufregend!“ Erzählt mir mehr. Ich will alles wissen!“ Das lassen sich die Beiden nicht zweimal sagen. Die anfängliche Unsicherheit ist verflogen. Sie berichten mir von den ersten Nachrichten, dem ersten Telefonat. Vom ersten richtigen Treffen. Und wie es dann mit beiden weiterging.
Auf dem Nachhauseweg frage ich mich, warum es vielen immer noch so peinlich ist, wenn wir jemanden online kennenzulernen. Für alles haben wir doch eine App. Eine Foto-App, Eine App zum Navigieren. Eine App um Musik zu hören. Die Coronawarn-App, eine App für Notizen, für die Bahn, das Wetter usw. Aber bei der Liebe, da ist uns das mit der App peinlich.
Warum macht es so einen Unterschied, ob ich meinen Partner in der Kneipe, durch Freunde, oder auf einer Dating-App kennengelernt habe? Ich finde 2022 sollten wir aufhören uns zu schämen, wenn wir Liebe im Netz suchen.
In der Bibel heißt es : „Wer suchet, der findet.“ Jesus hat das gesagt. Er meint, wer nach Gott sucht, wird Gott auch finden. Und Jesus betont immer wieder: Gott ist die Liebe!
Jede Art von Liebe. Ob man sie nun auf Tinder oder im Supermarkt gefunden hat. Ich sehe Gott in jeder Liebesbeziehung. In jedem Paar, dass mir seine Geschichte erzählt. Also: Ein hoch auf die Liebe!
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In meinem Dorf wohnt Frau Holle. Meine Tochter hat ihr diesen Namen gegeben. Sie ist 90 alt. Ihr Schlohweißes Haar hat sie zu einem Dutt gebunden. Auf ihrer Nase sitzt eine goldene Brille. Um ihre Augen tanzen eine Reihe fröhlicher Lachfalten.
Frau Holle ist sehr fleißig. In ihrem schnuckeligen Fachwerk-Häuschen, kocht sie häufig für eine ganze Fußballmannschaft, strickt Socken für die Verwandtschaft, bäckt himmlisches Brot, bindet Blumen-Kränze und macht Quittegelee ein.
Wenn ich sie besuchen komme, steht in null Komma nix Stückl Kuchen auf dem Tisch.
Im Gegensatz zur fleißigen Frau Holle, fühle ich mich manchmal wie die Pechmarie. So wie in dem Märchen: Die Pechmarie ist die Faule. Die, die nicht aus dem Bett kommt. Die, die Hausarbeit nicht erledigt. Die das Brot nicht aus dem Ofen holt. Die, die Betten nicht ordentlich ausschüttelt.
Denn so bin ich oft: wie die Pechmarie. Die Wäsche liegt schon wieder feucht in der Maschine und ich hab vergessen sie rauszuholen. Ich kann in meiner Küche nichts kochen, weil ich erstmal putzen müsste und dazu bin ich zu faul. Also hole ich Döner und esse ihn im ungemachten Bett.
Wenn es nach dem Märchen ging, müsste mal jemand ganz ordentlich mit mir schimpfen!
Aber die Frau Holle aus meinem Leben, schimpft nicht. Sie erinnert mich stattdessen an meine Stärken: dann sagt sie mir zum Beispiel wie schön mein Gottesdienst am letzten Sonntag war oder dass ihr mein Text im Gemeindebrief gefallen hat.
Zuhause weiß ich dann wieder. Ja, wir Menschen sind ganz unterschiedlich. Haben unterschiedlich Stärken und Schwächen. In mir haushaltet es eben nicht – dabei kann ich andere Sachen gut. Von Frau Holle lerne ich immer wieder: wir sollten üben einander nach unseren Stärken zu beurteilen. Wer weiß: vielleicht konnte die Pechmarie im Märchen wunderbar Mathematik!
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Bereit sein ist alles! Sollte Gott bei mir anklopfen, dann bin ich vorbereitet. Dann ist aufgeräumt und gesaugt. Dann hab ich was Hübsches an: das gelbe Kleid und die Jeansjacke. Dann hab ich was Spannendes zu erzählen und Schoko-Kuchen gebacken.
Ohne Witz, so dachte ich immer, muss es laufen, sollte Gott eines Tages vor mir stehen.
Ich möchte Gott gebührend empfangen. Das war mir schon als Kind wichtig. In meiner Familie waren wir keine großen Kirchgänger, aber wenn wir in die Kirche gegangen sind haben wir uns für Jesus alle besonders hergerichtet. Wir Mädchen trugen Kleid und mein Vater und Bruder Anzug. Man erweist Gott eben nicht die Ehre in Turnschuhen und Jeans. So hab ich das jedenfalls gelernt.
Und als ich erwachsen wurde, hatte ich das immer noch so im Hinterkopf: Für Gott muss ich mich zurecht machen.
Tja und was soll ich sagen: als ich Gott dann tatsächlich begegnet bin, saß ich ungeschminkt im Bett mit fettigen Haaren vor Netflix. Um mich herum Chipstüten und Krümmel. Es war ein Tag, an dem es mir alles andere als gut ging. Gott saß plötzlich auf meiner Bettkante. Und obwohl es eine Überraschung war, habe ich mich nicht erschrocken. Es ist mir nicht mal peinlich gewesen, vor Gott so verlottert auszusehen. Es war als käme meine beste Freundin zu Besuch. Und so fing ich an zu reden. Ich hab ihm alles erzählt. Ich habe geheult und geschrien. Das tat gut. Ich glaube wir saßen Stunden so da. Und dann ist Gott genauso plötzlich verschwunden, wie er gekommen ist. Und ich habe mich befreit gefühlt von einer Zentnerlast.
Eines hab ich aus der Begegnung mit Gott gelernt: Wenn ich mich hübsch mache für Gott, dann mache ich das eigentlich für mich selbst. Weil es schön ist und das gelbe Kleid mir wirklich gut steht. Für Gott spielt das aber keine große Rolle: der nimmt mich auch in Schlafanzug und verzottelten Haaren.
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Blaue Wachsmalkreide auf rotem Sandstein. Ein Krickelkrakel im heiligen Altarraum. Ein Dreijähriger hat es dort hingemalt. Vor ein paar Monaten schon. Bei einem Taufgottesdienst.
So ein Gottesdienst mit: richtig Leben in der Bude! Viele Kinder sind im Altarraum rumgewuselt und ich habe ihnen die Geschichte erzählt wie Jesus Kinder gesegnet hat. Währenddessen durften die Kinder basteln und Ausmalbilder zur Geschichte anmalen. Und da ist es dann passiert: ich habe es noch aus dem Augenwinkel gesehen: das patschige Händchen des Dreijährigen und wie er mit Wonne nicht auf das Papier, sondern auf den Stein gemalt hat.
Ich geb´ es zu es war ein heilloses Chaos. Oder wie einer meiner Gemeindeglieder neulich sagte: In Ihren Taufgottesdiensten geht’s immer zu wie aufer Kirmis!
Ja, das stimmt irgendwie. Ich möchte eben nicht, dass die Kinder still und leise in der Kirchenbank sitzen müssen. Ich möchte die Kinder am Geschehen teilhaben lassen. Ihren Platz haben sie vorne: Im Mittelpunkt der Kirche. Dort wo sie von Jesus hören und das Heilige spüren können.
Der Messmer fand das natürlich gar nicht lustig, die Kritzelei auf dem Steinboden. Er hat nach dem Gottesdienst versucht die Wachsmalkreide zu beseitigen. Erfolglos. Ich bin ein bisschen froh darüber, denn ich mag dieses blaue Krickelkrakel. Ich will das da nicht weghaben. Ich glaube es gehört genau da hin.
Eine Kinderkritzelei bleibend in Stein gemeißelt. Wer sie sieht, erinnert sich an die Worte Jesu: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=35759SWR3 Gedanken
Freibadsaison! Was für eine Freude!
Fröhliches Planschen in bunten Badesachen. Ich sehe kleine Menschen nach Ringen tauchen, und Große ihre Bahnen schwimmen. Jugendliche rutschen zu sechst aneinander gedrückt die Wasserrutsche runter und johlen. Eine macht ganz außergewöhnliche Kunststücke auf dem Sprungbrett und andere bewundern sie dabei. Es ist laut und hell und es riecht nach Pommes und Sonnencreme und überall spritzt das Wasser durch die Gegend. Herrlich.
Und zwischen alldem sehe ich viele kleine Engelchen: Die Nichtschwimmer. Begleitet von ihren Eltern wagen sie mutig erste Schwimmversuche. Immer gehalten und nicht zu übersehen, mit grell leuchtend orangenen Schwimm- Flügeln!
Ich erinnere mich gut an das Gefühl im Wasser zu schweben: Am Anfang ist man noch zögerlich. Was, wenn ich untergehe? Das blaue Wasser hat auch etwas Unheimliches. Es kann mir Angst machen. Aber dann, wenn ich nur mutig genug bin, in das kühle Blau hineinzugehen, merke ich: die Flügel halten mich! Mich bewegen und schwimmen, muss ich schon selbst, aber mit den Schwimmflügeln gehe ich nicht unter.
So ist das für mich mit Gott. Gott verleiht mir Schwimmflügel.
Denn immer wenn ich vor neuen Herausforderungen stehe, fühlt sich das an, wie in ein neues Gewässer zu steigen. Ich weiß nicht genau, was mich erwartet: Was, wenn ich untergehe? Vielleicht gibt es große Wellen? Eine starke Strömung oder gar einen Strudel? Manchmal ist das Leben ein echtes Wettschwimmen. Ich muss mutig genug sein, mich dem zu stellen. Und um Vorwärts zu kommen, muss ich mit aller Kraft schwimmen - diese Anstrengung nimmt mir niemand ab. Aber da sind Flügel, die mich davor bewahren unterzugehen. Schwimmflügel von Gott für mich. Und mit denen traue ich mich immer wieder ins kalte Wasser zu springen.