Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Zimmerleute stehen mit beiden Beinen auf dem Boden. Ich habe schon öfter zugeschaut, wenn sie einen Dachstuhl aufschlagen. Da sieht man: Zimmerleute können ordentlich zupacken, wenn es nötig ist. Die wissen, dass Arbeit anstrengend ist und nicht immer ein Vergnügen. Aber sie können in ihrem Beruf auch besonders deutlich spüren, was Arbeit eigentlich heißt, nämlich: für sich und andere „die Welt wohnlich gestalten" (Ernst Bloch). Anscheinend empfinden viele Zimmerleute das auch so. „Qualität ist Respekt vor dem Volk" (Che Guevara) habe ich neulich auf dem T-Shirt eines Zimmermanns gelesen.
Jesus war auch Zimmermann. Jedenfalls kann man das annehmen. Josef, sein Ziehvater, war Zimmermann und früher übernahmen die Söhne fast immer den Beruf ihres Vaters. In Jesu Familie gab es nicht über Generationen nur Geistliche. Da verliert man leicht das Verständnis für die Zweifel und Unsicherheiten anderer Leute. Jesus war auch kein Königssohn oder sonst einer aus der Oberschicht seines Landes. Er wusste, dass man sich im Leben manchmal ziemlich durchschlagen muss, wenn man nicht untergehen will. Und er war kein Gelehrter mit vielen klugen Gedanken aber zwei linken Händen und ohne Ahnung von den praktischen Dingen.
Jesus war Zimmermann. Diese Herkunft merkt man auch später. Da zog er im Land umher um den Leuten Gottes neue Welt begreiflich zu machen. Wie die Welt ein guter Platz zum Wohnen werden kann auch für die einfachen Leute. Da gilt nicht nur der etwas, der keinen Fehler gemacht und es zu etwas gebracht hat. So soll es sein und so wird es einmal sein, hat Jesus gesagt. Und schon heute könnt ihr etwas davon spüren, wenn ihr euch an dieser Weltordnung Gottes orientiert. Er hat den Leuten gezeigt, wie man miteinander umgehen muss, damit man etwas davon spüren kann. Er hat verstanden, warum die Versager einen Fehler gemacht haben und ihnen geholfen, neu und besser anzufangen. Er hat die Erfolglosen ermutigt, es noch einmal zu probieren. So ist Jesus mit den Menschen umgegangen. So hat er die Welt wohnlich gemacht.
Auch für uns heute hat Jesus von der wohnlichen neuen Welt Gottes erzählt. Und er erinnert uns, was wir dafür tun können: Selig sind die, die sich um den Frieden bemühen, hat er gesagt. Oder: Selig sind die Barmherzigen, die anderen das Leben leichter machen (Mt 5, 7.9).
Manchmal ist das nicht der bequemste Weg zu einem wohnlicheren Leben. Zimmerleute wissen nämlich, wie das Leben ist. Manchmal eben auch mühsam und anstrengend. Aber das lohnt sich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9937
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