Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Haltlos. Bodenlos. Auswegslos. Es gibt viele Gründe, sich so zu fühlen. Arbeitslos werden, mit dem Tod eines wichtigen Menschen zurecht kommen, schwer krank sein, von einem geliebten Menschen verlassen werden, sich in der Schule überfordert fühlen...Manchmal reicht es schon, wenn man sich durch die Kritik eines Kollegen abgewertet fühlt. Oder wenn man sich in Konflikten mit den eigenen Kindern ohnmächtig erlebt. Situationen, in denen man nicht weiter weiß, die einen an den Rand bringen. Manchmal hilft dann einzig und allein der Satz: „Alles geht vorüber!" Ich kenne Menschen, die sich diesen Satz immer wieder gesagt haben um sich daran zu erinnern, dass es wirklich nichts gibt, das von Dauer ist. Manchmal sind es kleine Nöte, manchmal Große, aber vorüber gehen sie alle und sie verändern sich. Ich habe einmal das Glück gehabt, in so einer Situation eine weise Frau zu treffen. Ich bin auf dem Fußboden in ihrem Zimmer gelegen und habe gesagt: Ich habe das Gefühl das Leben hört auf. Sie hat freundlich und liebevoll gelächelt und dann geantwortet: „Schauen Sie, das Leben hört nicht auf. Es ist immer da. Der Baum da draußen vor meinem Fenster ist voller Leben. Im Garten blühen die Blumen, die Vögel singen. Die Erde dreht sich, es wird Tag und Nacht.  Der Boden, auf dem Sie liegen, trägt. Der Stuhl, auf dem Sie sitzen, trägt. Sie atmen. Ihr Herz schlägt. Sie sind Teil dieses Lebens, das sich ständig wandelt. Das Leben, das immer da ist, um mich herum und in mir, nenne ich die Gegenwart Gottes. Seitdem mich die weise Frau darauf aufmerksam gemacht hat, erinnere ich mich daran oft auch in meinem Alltag. Sie hat mir den Tipp gegeben, bewusst zu beachten und zu erspüren, was mich alles trägt und hält: die Erde, der Gehweg, die Straße, ein Stuhl, das Sofa, der Autositz, das Bett, ein Türrahmen, eine Hauswand, eine Säule... Das Leben ist immer da, göttliche Weisheit und Größe sind immer gegenwärtig, ich bin getragen, gehalten, geborgen. Ich kann mich anlehnen, zurücklehnen, Rückhalt spüren - hier und jetzt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9873
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