Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Weihnachten gilt als das Fest des Friedens, aber so richtig friedlich ist es selten. Das letzte Weihnachtsfest war von einem schrecklichen Terroranschlag gegen ägyptische Christen überschattet, die Bilder haben wir noch vor Augen. Es waren extremistische Muslime, die Angst und Schrecken verbreiteten. Derzeit sind es oft Muslime, wenn Anschläge verübt werden. Aber vergessen wir nicht, es gab auch schon Zeiten, in denen das Christentum die aggressivste und gewalttätigste Religion war. Gewalt im Namen der Religion ist immer gottlos, egal, ob auf der Fahne der Halbmond steht oder das Kreuz, ein hinduistisches Symbol oder sonst etwas.  Der Anschlag an Weihnachten in Alexandria war schrecklich, wieder wurden Menschen getötet, verletzt, verängstigt, eingeschüchtert. Und die Welt war erschüttert. Bemerkenswert fand ich, dass es diesmal nicht bei der Erschütterung allein blieb. Es gab auch tatkräftige Reaktionen. So haben sich in aller Welt Christen mit den Koptischen Gemeinden solidarisiert und demonstrativ deren Gottesdienste mitgefeiert, auch hier bei uns, in Stuttgart zum Beispiel. Besonders bemerkenswert ist aber, dass es auch auf muslimischer Seite solche Solidaritätsaktionen gibt. Das jedenfalls berichtet der Pfarrer der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Kairo. Er erzählt von einem muslimischen Freund, der mit einer Rundmail eine solche Initiative gestartet hat. Darin schrieb er: „Ich habe vor, meine koptischen Freunde zu ihrem Weihnachtsgottesdienst am 7. Januar in Maadi zu begleiten. Wenn jemand einen Anschlag auf eine Kirche plant, muss er wissen, dass sich in jeder Kirche auch Muslime befinden, zusammen mit ihren koptischen Freunden." Das ist doch wirklich ein Lehrstück in Sachen Solidarität! Dieser Muslim und seine Freunde, sie haben verstanden, dass klare Feindbilder immer zu einfach sind. Dass das, was Menschen verbindet, größer ist, als das, was sie trennt. Dass die Schöpfung uns gemeinsam anvertraut ist. Dass wir dazu geschaffen sind, miteinander zu leben und nicht gegeneinander. Dass wir nur so die Chance haben, die Welt besser zu machen. Christen nennen das: am Reich Gottes mitwirken. Wie Muslime es nennen, weiß ich nicht. Aber ich bin sicher, auch sie sehnen sich danach. Denn die Vision einer friedlichen Welt ist uns nun mal ins Herz geschrieben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9863
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