SWR1 3vor8

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5. Fastensonntag (Lesejahr C)
Einen schönen guten Morgen, ich bin Pfarrer Michael Broch aus Leonberg.

„ Das Gesetz schreibt vor, solche Frauen zu steinigen“ – das hört sich an wie in einem schlechten Film. Diese grausame Strafe könnte im radikal-islamischen Gesetz der Scharia stehen. Wenn nach der Vorstellung von Männern Frauen etwas Unmoralisches, etwas Unehrenhaftes getan haben: eine vom Familienclan nicht erlaubte Freundschaft mit einem Mann, voreheliche Beziehung oder gar Ehebruch. Der barbarische „Ehrenmord“ kommt einem da in den Sinn.
Doch diese Grausamkeiten v.a. gegen Frauen haben eine lange Tradition. Auch Jesus wurde damit konfrontiert. Ehebruch war damals zu einem Verbrechen nur für die Frau geworden und mit dem Tode zu bestrafen, sprich steinigen. Ehebruch, von Männern begangen, hatte nichts Strafbares an sich. Die Scheidung einer Ehe ging allein auf Kosten und zu Lasten der Frauen.
Eines Tages schleppen – selbstverständlich Männer – eine Frau vor Jesus, die in flagranti beim Ehebruch überrascht worden war. Das Johannes Evangelium berichtet davon. Nach geltendem Gesetz muss sie gesteinigt werden. Und sie sind drauf und dran, das auch zu tun.
Mit bösen Hintergedanken fragen sie Jesus: „Wie siehst du das?“ – Jesus gibt sich unbeeindruckt. Er diskutiert nicht mit ihnen; er argumentiert nicht für oder gegen die Frau; und er richtet nicht. Jesus malt mit dem Finger im Sand herum. Als sie hartnäckig weiterfragen, schockiert er sie: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie.“ – Das sitzt. Beschämt zieht sich einer nach dem anderen zurück, die Ältesten zuerst.
Jesus ist allein mir der völlig eingeschüchterten Frau. Was sie getan hat, kommentiert er nicht, er billigt es auch nicht. Aber er eröffnet ihr, deren Leben nach menschlichem Gesetz nichts mehr wert war, eine neue Lebensperspektive, eine neue Zukunft.
Mir geht das unter die Haut. Jesu zwingendes Argument ist der Spiegel, den er den Menschen vorhält: Jeder ist vor Gott unvollkommen. Niemand kann mit gutem Gewissen einen anderen vorschnell moralisch verurteilen.
Und was ich von Jesus noch lerne: Gegen das Gesetz maßloser Verurteilung geht er den Weg maßloser Vergebung, und das gegenüber Frauen und Männern.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag https://www.kirche-im-swr.de/?m=983
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