Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Paare entwickeln oft merkwürdige Abhängigkeiten. Die „bessere Hälfte" hat oft Eigenschaften, die ich nicht habe. Der Partner übernimmt, bewusst oder unbewusst, bestimmte Aufgaben, und ergänzt damit meine Unzulänglichkeiten. So entsteht das ideale Paar ... Beispiel: Sie ist gut organisiert, diszipliniert und Frühaufsteherin. Er: Typ „zerstreuter Professor". Es ist nicht schwer, sich auszudenken, wer in dieser Beziehung für Abwechslung sorgt und wer dafür zuständig ist, dass der Kühlschrank immer ausreichend gefüllt ist. Das geht gut, bis einer diese Arbeitsteilung nicht mehr akzeptiert oder aus dieser Art „Delegation" ausbricht oder ausbrechen will. Bis einer merkt, dass dieses Sich-Ergänzen hinderlich sein kann, sich als Menschen und als Paar weiterzuentwickeln.
Es ist tragisch, dass immer mehr Beziehungen an diesem Punkt scheitern, wenn die Harmonie, das Sich-Ergänzen, nicht mehr funktioniert. Mir fällt auf, dass Beziehungen oft dann scheitern, wenn Paare nicht gelernt haben, mit dieser sich entwickelnden Situation umzugehen. Es ist nicht beschämend sich dann professionelle Hilfe zu holen, wenn die Verliebtheitsphase vorbei ist, die Faszination für den Partner schwindet, das Zusammenspiel nicht mehr von alleine funktioniert, die Harmonie nicht mehr gegeben ist. Das „verflixte siebte Jahr" sagen manche. Oder es passiert dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind, die Familienkonstellation sich neu ordnen muss. Es ist gleichermaßen ein Thema für Männer und Frauen.
Wenn ich in meiner Partnerschaft Stillstand oder Auseinanderbrechen vermeiden will, muss ich mich bewegen. Das kann Arbeit, Schweiß und Tränen bedeuten. Dazu gehört es auch „Delegationen" zurückzunehmen. Darunter verstehe ich, die bewusst oder unbewusst an den Partner abgegebenen Aufgaben, wo dieser zum Beispiel meine Unzulänglichkeiten ergänzt, wieder selbst in die Hand zu nehmen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, Fragen zu stellen und Antworten zu suchen, wie wir als Menschen unser Leben lang, auch in unseren Beziehungen, wachsen können. Zum Beispiel:
Was hindert mich daran, mit meinem Partner zu besprechen, wo ich solche gegenseitigen Ergänzungen oder auch Abhängigkeiten sehe? Warum mache ich mir nicht selbst Gedanken und übernehme die Verantwortung dafür, was ich in meinem Leben und meiner Beziehung verändern will? Was wäre, wenn ich selbst aktiv in meine und unsere Weiterentwicklung als Paar investiere?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9697
weiterlesen...