Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es gibt Menschen, die fürchten Weihnachten. Vor allem ein paar Männer kenne ich, denen ist Weihnachten regelrecht zuwider: Die Plätzchen zu süß, der Weihnachtsmarkt zu voll, die Krippenspiele zu niedlich, die Familie zu anstrengend, die Schenkerei zu pflichtmäßig.
„Im Dezember kriege ich immer den Weihnachtsblues", sagt mir ein Kollege und dann ist es schwieriger als sonst, mit ihm auszukommen. „Plätzchen, Weihnachtsmarkt, Geschenke, diese ganzen Vorbereitungen", sagt er, „das nervt. Das ist so verlogen. Mit Gott hat das doch gar nichts zu tun".
Aber vielleicht ja doch? Ich glaube, es braucht Vorbereitungen, wenn Gott zur Welt kommt. Das feiern wir ja an Weihnachten, dass Gott zur Welt gekommen ist, im Stall in Bethlehem bei Maria und Josef und den Hirten und mit ihm Frieden auf Erden und große Freude.
Von Vorbereitungen hat damals jedenfalls dort ganz in der Nähe auch jemand gesprochen, ein Gottesmann, ein Prediger in der Wüste. Er hat davon geredet, dass Gott kommt und eine neue, bessere Zeit angekündigt. Die würde anfangen, wenn Gott kommt. Und er hat erinnert, dass es dazu Vorbereitungen braucht und gesagt: Bereitet Gott den Weg. Die tiefen Täler sollt ihr auffüllen und die Hügel einebnen, denn Gott kommt.
Kommt also Gott nur dann, wenn alles gut vorbereitet ist? Ich glaube nicht. Bloß: Man sieht ihn nicht, wenn sich hohe Berge vor den Menschen auftürmen oder wenn sie aus ihrem tiefen Tal nicht herauskommen. Wie soll einer glauben, dass Gott und mit ihm die Liebe in der Welt ist, wenn er bloß Streit erlebt, Sorgen und Einsamkeit?
Deshalb, glaube ich, sind Vorbereitungen wichtig: Wenn Gott kommt, soll nichts im Weg stehen. Damit man Gott sehen, damit man ihn spüren kann. Wie man das macht, ist dann vielleicht Geschmackssache. Manche Leute, Frauen wohl besonders, versuchen es im Nahbereich: Mit Lichtern und Geschenken und gutem Essen und Familientreffen. So sollen alle Beteiligten merken, wie viel Liebe in der Welt ist und wo überall Grund zur Freude. Schade, dass das dann manchmal gründlich schief geht.
Und wem das zu eng und zu kurzsichtig scheint, der kann ja Vorbereitungen mit Weitblick in Angriff nehmen. Zum Beispiel ein Engagement für Leute, die zu kurz kommen in unserer Welt. Eine Patenschaft vielleicht für einen Hauptschüler, der sich schwer tut mit dem Lernen und dem Lebensmut.
 Solche Vorbereitungen, damit Leute die Nähe Gottes spüren können, könnte man gleich nach Weihnachten anfangen. Und bis dahin vielleicht die Familie und die süßen Plätzchen mit fröhlichem Gleichmut ertragen. Damit niemand Weihnachten fürchten muss.

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