Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Was haben ein Koch, ein Architekt und ein Bergmann gemeinsam? - Dieselbe Patronin: die heilige Barbara. Merkwürdig. Die heilige Barbara muss einmal sehr beliebt gewesen sein im christlichen Heiligenhimmel. Immerhin hat sich bis heute dieser Brauch gehalten: Wer am 4. Dezember, dem Barbaratag, Zweige vom Kirschbaum oder vom Forsythienstrauch ins Wasser stellt, dem blühen sie am Heiligen Abend. Wer ist Barbara? - Viel wissen wir nicht von ihr. Der Tradition nach ist sie um 300 als Märtyrerin in Kleinasien gestorben. Interessant ist ihr Name. Barbara stammt aus dem Griechischen: „barbara", das bedeutet: „die Fremde". Fremd wurde sie ihrer eigenen Familie, als sie sich taufen ließ und Christin wurde. Bis heute entfremden sich Familien, weil die Kinder eigene Wege gehen oder einen anderen Lebensstil pflegen als ihre Eltern. Menschen verändern sich, ich verändere mich. Die Unterschiede zum Partner, zur Partnerin können größer werden oder man hat sich zu sehr aneinander gewöhnt. So können Liebende und Ehepaare, Freunde und Kollegen einander fremd werden, Beziehungen auseinander gehen. Aus Sehnsucht nach einer besseren Zukunft verlassen Menschen ihre armen Verhältnisse, wandern aus oder flüchten - und bleiben doch Fremde in dem Land, in dem sie leben. Auch Gott kann mir fremd werden. Er scheint dann weit weg zu sein, fernab von dem, was mich bewegt. Hört er mich, wenn ich zu ihm bete? Ich kann mir selbst gegenüber fremd werden. Denke ich an die eigenen Grenzen, die gesundheitlichen und die psychischen, denke ich ans Älterwerden. Die Kompetenz, über die ich heute noch spielerisch verfüge, kann ich schon morgen verlieren. Rückschläge in meiner Leistungskraft können mich verunsichern, bis ich mir schließlich selbst nicht mehr über den Weg traue. Fremd sein - gehört zum Leben. Fremd sein - ist eine Art „Existenzangst" und hat damit zu tun, dass wir auf Erden eben alles begrenzt und vergänglich erfahren. Zum Leben gehört aber auch: Die Sehnsucht nach Heimat und Geborgenheit inmitten aller Fremde. Die Hoffnung, dass sich einmal alles zum Guten wendet und einem nichts und niemand mehr fremd ist.

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