SWR2 Wort zum Tag

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Religion und Gewalt, ein heikles Thema. Denn viel Gewalt geht schließlich bis heute von Religionen aus. Aber auch viel Frieden. Da ist zum Beispiel Pater Eliseo Mercado. Der katholische Priester aus dem Süden der Philippinen vermittelt zwischen islamischen Rebellen und der Zentralregierung des Landes.
Ich habe Mercado bei der Konferenz „Selig sind die Friedensstifter" getroffen. Hier ging es religiöse Persönlichkeiten, die in politischen Konflikten vermitteln - Persönlichkeiten wie Eliseo Mercado. Er hat mich sehr beeindruckt, weil seine eigene Geschichte eng verwoben ist mit den Konflikten und Friedensbemühungen seiner Heimat. Weil er sich als katholischer Theologe so gut in der islamischen Theologie und Praxis auskennt, in den Religionen und Kulturen Südostasiens. Große Gelehrsamkeit scheint also eine wichtige Voraussetzung zu sein, um zum Friedensstifter zu werden. Dass außerdem die Ausstrahlung, das Charisma eine wichtige Rolle spielt, ist einleuchtend. Als Pater Mercado allerdings gefragt wurde, wie es um den Rückhalt bei seinen eigenen Glaubensgenossen bestellt ist und wie er zur Rolle des Vermittlers kam, hat er mich überrascht: Dass er sich um einen Ausgleich der Interessen bemüht, ist keineswegs überall gern gesehen. Er sieht sich selbst eher am Rande der kirchlichen Hauptströmung und als Dorn im Auge vieler philippinischer Christen. Seine Anerkennung unter den Muslimen in Südphilippinen stamme, so sagte er, aus den gemeinsamen Tagen des Widerstands gegen das Unterdrückungsregime des Diktators Ferdinand Marcos. Seine Vermittlung gründe auf freundschaftlichen Beziehungen mit den Rebellen. Mir wurde klar, dass offensichtlich mehr zu einem Friedensstifter gehört als religiöse Autorität. Es muss ein Mensch sein, der sich wirklich interessiert für die Kämpfenden und Gewalttätigen, der sich zu ihnen hinwendet. Nur dann, wenn diese spüren, dass sie Ernst genommen werden mit ihren Anliegen, wird es möglich, Gegensätze auszugleichen. Und warum hat die philippinische Zentralregierung diesen Rebellenfreund als Chefunterhändler akzeptiert? Offensichtlich sehen sie die ehrlichen Absichten Pater Mercados um Frieden für seine Heimat und für sein Land. Ein Frieden, der aber auch die Gerechtigkeit nicht außer Acht lässt und das Recht von Minderheiten, am Leben eines Landes teilzunehmen, in Politik und Gesellschaft eine Rolle zu spielen. Ein friedliches Zusammenleben ohne Gerechtigkeit ist auf Dauer eben nicht möglich, weder auf den Philippinen, noch bei uns.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9511
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