Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Haltet inne, gebt Euch eine Auszeit hat es in mir gebrüllt als ich die Bilder der Eskalation von Stuttgart 21 gesehen habe. 
Damit es von Anfang an klar ist: ich bin weder für noch gegen Stuttgart 21. Ich habe zig Artikel gelesen, viele Diskussionen im Fernsehen und Radio verfolgt und konnte immer wieder der einen wie auch der anderen Seite zustimmen. Stuttgart 21 ist ein hochkomplexes Problem und mittlerweile ein klassisches Dilemma. Und ich wollte da nicht entscheiden müssen. Aber in einem bin ich mir völlig sicher und sage es als Christ dem der Frieden in Stadt und Land am Herzen liegt: Gewalt kann und darf keine Lösung sein. Kein Bahnhof, kein Gleis und kein Baum ist es Wert, dass Menschen zu Schaden kommen. Und wenn es um Zukunftsfähigkeit geht und damit um das Wohl unserer Kinder, für das doch wohl Gegner wie Befürworter von Stuttgart 21 sind, dann macht sich völlig unglaubwürdig wer meint dieses Wohl mit Gewalt erzwingen zu können.  Darum haltet inne, gebt Euch eine Auszeit, kehrt zurück an den Tisch und redet, streitet dort miteinander. Aber nicht wieder nur rückwärtsgerichtet, sondern schaut nach vorn und tut alles dass in Stuttgart nicht noch Schlimmeres passiert. Und wenn Ihr das alleine nicht schafft, was nach alledem durchaus verständlich wäre, dann sucht Euch eine alte, weise Person, die politisch so erfahren ist und so weit über parteilichen Interessen steht, dass sie Euch helfen kann Lösungen zu finden, die Ihr noch nicht sehen könnt.  Denn Stuttgart 21 ist beleibe nicht nur ein Stuttgarter Problem. In diesem Konflikt geht es unter der Oberfläche - natürlich wie immer - auch um Macht, um Recht haben und Recht durchsetzen. Es geht aber auch um unser Demokratieverständnis: wie weit kann und darf außerparlamentarischer Einfluss gehen? Es geht um den Sinn und die Wertigkeit von Wirtschaft und Umwelt. Um die Fragen von Bewahren und Erneuern. Es geht um den Verkehr wenn in 50 oder 100 Jahren das Öl ausgeht. Um die Verständlichkeit und Transparenz von politischen Entscheidungen. Und nicht zuletzt: um das Verhältnis von Gewalt und Staatsgewalt. Ein riesiger Problemkreis, der Zeit braucht.
Darum haltet inne, lasst alles ruhen: die Bagger, die Demos, die Kreissägen und die Trillerpfeifen. Und schickt Eure Sprecher zurück an den Tisch und redet. Denn miteinander reden ist ein Zeichen gegen die Gewalt. Und dieses Zeichen brauchen wir dringend!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9193
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