Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Häuser werden gebaut, um darin zu leben. Ja klar, könnte man sagen, was sonst? Es gibt aber auch Häuser, in die man nicht einzieht, um zu leben, sondern um zu sterben. Hospize nennt man solche Häuser. Dort können Menschen wohnen, die unheilbar erkrankt sind und nach menschlichem Ermessen nicht mehr sehr lange leben werden. Dort werden sie gepflegt und medizinisch betreut. Dort finden sie Menschen, die da sind, um zuzuhören, um zu unterstützen, zu begleiten, beim Leben und wenn es soweit ist auch beim Sterben.
Dass es das heute gibt, ist nicht zuletzt das Verdienst der Hospizbewegung. Es war die Idee einer englischen Ärztin, die sich seit den 80er Jahren in ganz Europa ausgebreitet hat. Keine kirchliche Initiative, und doch in der Spur einer uralten christlichen Tradition: Entlang der großen alten Pilgerwege der Christenheit gab es seit dem frühen Mittelalter Hospize, Häuser am Weg, in denen man sich waschen konnte, ausruhen, essen und trinken, schlafen, übernachten. In Sicherheit vor Unwettern und Räubern, und wenn man  krank wurde, konnte man bleiben und wurde gepflegt, bis man weitergehen oder in Frieden sterben konnte. Hospize waren dazu da, Menschen unterwegs körperlich, seelisch und geistlich zu stärken, für alles, was noch kommen sollte. 
Die gastliche Herberge auf dem Pilgerweg des irdischen Lebens wurde zum Vorbild der modernen Hospizbewegung. Es ist die Art der Begegnung, die diesen ehrenamtlichen Dienst so besonders macht, die Art, in der die Mitarbeiterinnen - meistens sind es Frauen - mit schwerstkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen umgehen. Was sie mitbringen, ist kostbar: Einfühlungsvermögen, Diskretion, Zeit, die Bereitschaft, sich als Person anfragen zu lassen über ihre Erfahrung, ihre Hoffnung, ihren Glauben, und ebenso sich zurückzunehmen. Das Wichtigste aber ist, dass sie mitgehen, den Weg, den der kranke Mensch und seine Angehörigen gehen wollen oder gehen müssen. Nichts aufdrängen, sondern helfen, das Eigene zu finden, was jemand braucht zum Leben und zum Sterben. 
Heute ist Welthospiztag. Ein Anlass, zu sehen und zu sagen, was da alles getan und geleistet wird. Und darauf zu achten, wo solche liebevolle und behutsame Begleitung auch im Alltag gut täte, nicht erst beim Sterben, sondern schon beim Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9178
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