Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Finden Sie, dass sich Ihr Leben durch die Deutsche Einheit verschlechtert hat?" Über diese Frage kann man im Internet abstimmen[1]. Und das Ergebnis? Fast zwei Drittel finden, dass ihr Leben in den vergangenen 20 Jahren schlechter geworden ist. Merkwürdig eigentlich, denn auf der anderen Seite finden ¾ der Bevölkerung, dass sich ihr persönlicher Lebensstandard verbessert hat oder jedenfalls gleich geblieben ist.

Was also ist die Ursache für die gefühlte Verschlechterung des Lebens? Natürlich, ich weiß, es ist nicht alles so gut gelaufen, wie erhofft und nicht für alle. Aber das kann ja nicht ausschlaggebend sein für das negative Bild, wenn doch 3/4 in der persönlichen Lebenssituation keine Verschlechterung spüren. Ausschlaggebend ist anscheinend etwas anderes: Mehr als die Hälfte der Menschen findet, dass der Umgang miteinander schlechter geworden ist. Das, glaube ich, macht viel aus.

Ich überlege mir, wie wohl diese Hälfte der Deutschen  mit den anderen umgeht? Ob sie sich abgefunden haben damit, dass der Umgang miteinander schlechter geworden ist? Ob sie sich bei den anderen beklagen? Ob sie es genauso machen, weil man ja schließlich auch nicht immer die Dumme sein will?

In der Bibel wird etwas anderes empfohlen. „Seid freundlich zu allen Menschen" heißt es da (Phil 4,4) und Jesus hat seinen Nachfolgern ans Herz gelegt: „Wenn ihr nur zu denen freundlich seid, die euch Freundlichkeit erweisen, was wird dabei herauskommen? Tun das nicht sogar Leute wie die Zolleinnehmer?" (Die Zolleinnehmer damals gingen nun wirklich ganz besonders schäbig mit den anderen um.) Jesus ist sogar noch deutlicher geworden: „Wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht sogar die, die nichts von Gott wissen?"

Ich glaube, wenn wir alle, Sie und ich, es mit der Methode Freundlichkeit versuchen würden, dann wäre schon viel geholfen. Oder wenn es wenigstens die 53 Prozent probieren würden, die den Umgang miteinander in unserem Land beklagen. Wenn diese Mehrheit freundlich wäre zu den anderen, vielleicht sogar zuvorkommend, dann müsste es doch eigentlich besser werden mit dem Umgang miteinander. In meinem Leben klappt das ganz gut - zwar nicht immer - aber doch meistens. Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es auch heraus. Davon bin ich überzeugt.

Vielleicht sollten wir das einüben, freundlich miteinander umzugehen? In den Ämtern und Behörden, in Schulen und Betrieben, an der Supermarktkasse und in der Praxis? Wir könnten es ja mal probieren für die nächsten 20 Jahre der Deutschen Einheit. Ich bin sicher, das würde nicht folgenlos bleiben.

 


[1] www.welt.de/politik/deutschland/article9695982/Mehrheit-haelt-Leben-nach-der-Einheit-fuer-schlechter.html

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9121
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