SWR1 3vor8

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„Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch." (1. Petr. 5, 7)

Ich gehöre zu den Frauen, die nicht werfen können. Schon in der Schule hat das nicht geklappt, obwohl ich mich redlich gemüht habe. Das ist mir wieder eingefallen, als ich den Bibelabschnitt gelesen habe, der für diesen Sonntag in den evangelischen Gottesdiensten vorgesehen ist. Ein Stückchen aus einem Brief an erste Christen. Da heißt es: „Alle eure Sorge werft auf Gott, denn er sorgt für euch."
Schwierig kommt mir das vor, weil ich ja nicht gut werfen kann. Und ehrlich gesagt, geht es mir mit den Sorgen ein bisschen so, wie früher mit den Bällen. Je angestrengter ich versuche, sie los und mit ihnen fertig zu werden, desto mehr treffen die Sorgen mich und machen mich fertig. Ich strenge mich an, damit ich irgendwann mal ausgesorgt habe. Aber je mehr ich mich bemühe, desto mehr werden die Sorgen.
Annette ist da ganz anders. Die ist noch jung und die kann werfen. Konnte es schon in der Schule. Anscheinend gibt es inzwischen Methoden, wie das auch die Mädchen lernen. Von ihr habe ich gelernt: beim Werfen muss man im richtigen Moment loslassen. Das ist die Kunst. Wer nicht loslassen kann, der wirft sich den Ball vor die Füße. Oder hoch in die Luft statt weit weg.
Jetzt ist Annette eine junge Frau und ich merke: sie tut sich auch mit den Sorgen leichter - vielleicht kann sie auch da besser loslassen.
Ob ich das jetzt noch lernen könnte? Das mit den Bällen wird wohl nichts mehr werden. Aber die Sache mit den Sorgen, das wäre doch schön, wenn ich das besser hinkriegen könnte. In dem Bibelabschnitt, in dem es heißt, man soll sie auf Gott werfen, steht noch etwas, das könnte vielleicht helfen: Demut. Demut könnte helfen, dass man loslassen kann. Wer immer denkt: nur ich kann das, wer sich also beinahe schon für allmächtig hält, der kann sie natürlich nicht loswerden, die Sorgen. Der fühlt sich ganz allein für alles zuständig. Und irgendwann erdrücken einen dann die Sorgen. Aber wer demütig ist, der weiß, dass er nicht allmächtig ist und es auch nicht sein muss. Wer demütig ist, rechnet damit, dass es Dinge gibt, die andere besser können. Wer demütig ist, kann deshalb auch fragen und um Hilfe bitten. Gott bitten, dass er hilft. Dass er Hilfe schickt. Wer demütig ist, der kann von seinen Sorgen reden und wird dann vielleicht jemanden finden, der hilft, die Sorgen zu sortieren und das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Das wäre schon eine große Hilfe. Dann werden die Sorgen überschaubar. Und man kriegt ein bisschen Abstand. Dann drücken sie einen nicht mehr so sehr.
Die Sorgen sind auf einmal viel weiter weg, wenn man loslassen kann. Das ist wie beim Werfen. Probieren Sie es mal: Über die Sorgen reden - das ist wäre vielleicht ein erster Schritt. Nicht bloß für Frauen.

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