Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Heute vor 45 Jahren starb Albert Schweitzer. Er starb, wo er gelebt und gearbeitet hatte. In der Nähe von Lambarene, das liegt in Zentralafrika im Staat Gabun. 90 Jahre wurden ihm zu leben geschenkt, und bis ins hohe Alter war er geistig rege und mit seinem Lebenswerk verbunden. Begonnen hat seine Lebensreise in Kaysersberg im Elsass. Er hat Theologie und Philosophie studiert. Das befriedigte ihn aber nicht. Er wollte seine Leidenschaft für das Leben ganz praktisch umsetzen. Er studierte Medizin, wurde Missionsarzt. Mit einem Bananendampfer reiste er 1913 zusammen mit seiner Frau Helene nach Afrika. Dort gründete er das heute weltweit bekannte Spital Lambarene.
Ehrfurcht vor dem Leben. Das ist der Begriff, der für Albert Schweitzer steht und der  manchen von Ihnen bestimmt schon längst eingefallen ist.
Jahrelang hatte Schweitzer nach einem Ausdruck gesucht, der es auf den Punkt bringt. Und dann, sagt er, fiel es mir zu wie eine reife Frucht.
Ehrfurcht vor dem Leben. Kein anderes Wort drückt besser aus, um was es ihm geht: Ehrfurcht vor dem Leben. Es geht darum, dass Menschen sich verstehen lernen als Leben, das leben will, inmitten von Leben, das auch leben will. Und das verlangt von mir, dass ich dem anderen Leben, das auch leben will, die gleiche Ehrfurcht entgegenbringe wie meinem eigenen Leben. Und dieses andere Leben, das leben will wie ich, das sind nicht nur die Menschen. Für Albert Schweitzer gehören die Tiere ebenso dazu. Deshalb verdunkelt er lieber seine Petroleumlampe als die Fliegen in der hellen Flamme sterben zu sehen.
Wie nah kommt er schon vor 100 Jahren mit seinen Gedanken an die brennenden Fragen unserer Tage heran, wenn er schreibt:
Wo irgendwie ein Tier zum Dienst des Menschen herangezogen wird, muss jeder von uns mit dem Leiden beschäftigt sein, das es deshalb zu tragen hat.
Wie es dem Leben geht, das mit uns und neben uns und für uns lebt - das darf uns nicht egal sein. Das geht uns alle an.
Bestimmt wollen deshalb nicht alle auf Fleisch verzichten oder keine Eier essen. Aber wie diese Tiere leben, deren Fleisch wir essen, wie viel Platz sie haben, um sich zu bewegen, was sie zu fressen bekommen und wie sie transportiert werden, das darf uns nicht egal sein. An diesen Fragen kommen wir nicht vorbei, wenn wir auf Albert Schweitzer hören.

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