Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Andern hat Jesus geholfen und jetzt hängt er da und kann sich selbst nicht helfen. Die Bibel erzählt, dass die Leute mit Fingern auf ihn gezeigt haben am dramatischen Ende seines Lebens, dort am Kreuz. Anderen hat er geholfen - und sich selbst kann er nicht helfen. Schadenfreude und Ratlosigkeit schwingen in diesen Worten mit. Aber auch Bedauern und Mitgefühl höre ich heraus. Stimmt ja auch. Immer war Jesus da für andere. Selbst, wenn er müde war. Ausgebrannt von der Sonne am See, staubig von der Straße, hungrig nach Brot und Geborgenheit. So oft geholfen, geheilt, getröstet.
Und dann so ein Ende. Menschlich gesehen - eine Tragödie.
Sich selbst nicht helfen können, am Ende sein mit dem Latein. Nicht für sich selbst haben, was ich anderen immer gern gegeben habe.
Vielleicht fallen Ihnen jetzt Menschen ein, aus Ihrem Ort, aus Ihrem Bekanntenkreis:
- so viele Jahre Kranke gepflegt, großes medizinisches Wissen gesammelt und jetzt selbst betroffen, mit ziemlich schlechter Diagnose - immer ein Herz für die Klasse und ein Ohr für die Sorgen der Eltern gehabt - selbst nach Schulschluss. Und jetzt muss sie mit ansehen, wie ihr eigener Sohn auf die schiefe Bahn kommt - er hatte immer Geld, konnte damit umgehen, hatte ein Gespür fürs Geschäftliche und dann steht er vor dem Aus und hat Angst, dass er nicht mal das Haus halten kann.
Andern hat er geholfen. Wie ging das damals bei Jesus aus? Wie wurde er fertig mit diesem Vorwurf? Hat er sich ins Zeug gelegt, um das Gegenteil zu beweisen? Oder war er selbst enttäuscht, weil er dachte: ihr habt recht, anderen habe ich oft geholfen, aber für mein eigenes Leid weiß ich keinen Ausweg? (Lk23,39)
Jesus hat es geschehen lassen. Er hat es ertragen. Hat die Worte stehen lassen und auch die, die sie sprachen. Er ging seinen Weg. Er wusste, das gehört dazu. Da muss ich durch.
Ich glaube: genau damit hilft er vielen, denen es genau so geht: anderen haben sie geholfen und sich selbst können sie nicht helfen. Und bestimmt ist er vielen nicht nur in dieser stillen Solidarität ein Trost, sondern auch weil Gott ihn nicht hängen ließ. Er hat ihm aus dem Tod ins Leben geholfen. Mir macht das Mut darauf zu vertrauen, dass Gott die nicht hängen lässt, die sich nicht selber helfen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8952
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