Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Du sollst nicht falsch Zeugnis reden gegen deinen Nächsten" heißt eines der 10 Gebote Gottes. Leichter gesagt als getan. Denn wir lügen bis zu 200-mal am Tag, haben Forscher herausgefunden. Wobei Männer wohl bis zu 20% mehr lügen als Frauen. Männer lügen gerne bei Themen wie Karriere, Autos oder Hobbys. Frauen lügen gerne bei Themen wie Gewicht, Alter oder Angaben über ihre Beziehungen. Dabei sind es oft die kleinen Dinge, bei den wir die Unwahrheit sagen, die Wirklichkeit leicht verzerren und sie so darstellen, dass es für uns vorteilhafter wird. Am meisten belügen wir uns selbst. Das fängt schon beim Schminken morgens an und hört beim Spätfilm abends auf, wenn wir uns einreden, die Horrorszenarien, die wir dort sehen, würden schon keine Spuren in unserer Seele hinterlassen.
Zu lügen lernen wir ab einem Alter von etwa 4 Jahren. Dann, wenn wir anfangen, uns in andere Menschen hineinversetzen zu können. Wer lügt, muss nämlich ahnen können, was sein Gegenüber denkt, um dann entsprechend reden oder handeln zu können. Lügen erfordert eine gewisse Intelligenz. Denn ein Lügner muss seine Gefühle im Zaum halten können um nicht nervös zu erscheinen. Notorische Lügner haben etwa ein Viertel mehr weiße Gehirnmasse in einem Gehirnbereich, der für die Verknüpfung der Nervenzellen zuständig ist. Die weiße Gehirnmasse ist für die Informationsübermittlung zuständig. Genau an dieser Stelle setzen die Lügendetektoren an, wenn dort mehr Gehirntätigkeit gemessen werden kann.
Mit anderen Worten: Lügen ist anstrengend! Wenn Gott uns das Gebot „Du sollst nicht lügen" mit auf den Weg gibt, dann ist das offenbar nicht in erster Linie eine Einengung. sondern eine Befreiung. Wer lügt, schleppt immer eine gewisse Last mit sich herum. Sie setzt sich in den Gedanken fest. Und begleitet uns immer wieder. Schlechtes Gewissen nennt man das.
„Ich glaube, davor will mich das 8. Gebot bewahren. Und darum hat jemand mal die „10 Gebote" die „10 großen Freiheiten" genannt. Ist doch schön, wenn die Wissenschaft so was wie hier beim 8. Gebot einige Jahrtausende später auch noch biologisch-psychologisch bestätigt.
Ich meine nicht, dass ich von den kleinen Lügen des Alltags frei bin. Vielleicht noch nicht einmal von großen Lebenslügen. Aber ich will nicht, dass mir das egal ist. Und darum will ich es mir bewusst machen, wenn ich lüge. Und es immer wieder und immer öfter ganz bewusst lassen. Denn ich will leichter leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8899
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