Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Was für ein dramatischer Urlaubstag. Am Ende einer schönen Fahrradtour im Süden Hollands haben wir schnell noch eingekauft. Als ich die Heckklappe schließe, verriegelt sich das Auto elektronisch, und ich stehe ohne Schlüssel, Geld und Handy da - eine Stunde von unserer Ferienwohnung und dem Ersatzschlüssel entfernt. Nach vielen vergeblichen Bemühungen die Tür zu öffnen will mir der Mann von der holländischen Verkehrswacht einen Leihwagen geben, damit ich den Ersatzschlüssel holen kann. Es wird wohl eine spannende Nacht. Meine Frau muss ich zurücklassen. Ich bete und gebe die Situation bewusst an Gott ab. Und auf geht´s.
Es gibt vielleicht noch eine klitzekleine Unsicherheit, erkläre ich dem Mechaniker auf dem Weg ins Depot. Der Schlüssel der Ferienwohnung ist nämlich ebenfalls im Auto. Besser wir klären vorher, ob die Vermieterin zu Hause ist. Der Automechaniker recherchiert für mich im Internet. Leider kenne ich nur den Vornamen: Marijke. Ach ja, und die Wohnung gehört zu einem Pferdehof! Mit den Suchbegriffen Ranch oder Country findet Google tatsächlich eine Handynummer. Doch wie könnte es anders sein: Unsere Vermieterin hilft ihrer Schwester beim Umzug und ist heute ausnahmsweise nicht da. Aber sie erklärt mir, wie ich in ihrer eigenen Wohnung einen Schlüssel für unser Appartement finden kann.
Die Haustür steht wie immer offen, nur die Wohnung der Vermieterin ist - entgegen dem, was ich am Telefon verstanden hatte - verschlossen. Ich muss noch einmal anrufen, aber mein Handy liegt ja in unserem Auto, und das Haus ist menschenleer. Als ich gerade in den Ort fahren will, kommen andere Gäste. Ich kenne sie nicht, aber sie sind sofort bereit, mir ihr Handy zu überlassen. Marejke erklärt mir noch einmal, wo sie den Schlüssel zu ihrer eigenen Wohnung versteckt hat und lotst mich durch ihre Wohnung. Der Hund? Ach, der tut nichts, aber ich soll aufpassen, dass er nicht wegläuft. Wahrscheinlich gehören zu einem Pferdehof derart große Hunde. - Schließlich kann ich mit dem Ersatzschlüssel bewaffnet die Rückfahrt antreten.
Was für eine unglückliche Verkettung, denke ich. Aber dann wird mir auch bewusst, wie viele glückliche Umstände mir dabei begegnet sind. Ich denke an den Mechaniker, der sich nach Feierabend noch Mühe gegeben hat, für mich im Internet zu recherchieren. Ich sehe die Feriengäste vor mir, die mich mit ihrem Handy einfach verschwinden lassen. Ich staune über die Vermieterin, die mich so einfach in ihre Wohnung lässt. Und ich denke an mein Stoßgebet zurück. Ich danke Gott für all die hilfsbereiten Leute, die er mir über den Weg geschickt hat. Alles Menschen, an denen ich etwas von Gottes Freundlichkeit und Anwesenheit sehen konnte. Einmal mehr habe ich erlebt, dass es stimmt, was Jesus verspricht: Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt (Mat 28,20). Mal sehen, wo er sich heute zeigen wird.

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