Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Hast du auch den Autoschlüssel dabei? <Meine Frau hat schon unglaubliche Erlebnisse mit verlorenen Schlüsseln gehabt. Deshalb ist es gut, wenn ich ein Auge auf sie habe und lieber noch mal nachfrage.> Unser Einkauf ist schnell erledigt, gerade noch rechtzeitig vor 18.00 Uhr. Ich verstaue alles im Kofferraum und schließe die Heckklappe, was die elektronische Verriegelung sofort mit einem lauten Schließgeräusch quittiert. Und der Schlüssel? Im Kofferraum natürlich. <Und diesmal bin ich schuld!>
Immerhin, meine Frau hat ihr Handy dabei, während meines im Auto ruht. Ich selbst habe mein Portemonnaie mit etwas Bargeld und vor allem der ADAC-Karte. Wo wir stehen, will die Mitarbeiterin in München wissen. Auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums in Hulst in Holland. Nein, einen Straßennamen haben wir nicht. Es ist ein Gewerbegebiet mit vielen Geschäften. Der Kassenbon? Ist auch im Auto. Die freundliche Dame verspricht, die holländische Verkehrswacht zu informieren. Das könne aber dauern. Tut es auch. Der Mann von der Verkehrswacht ist ein erfahrener Automechaniker, der allerlei Tricks drauf hat, wie unsereins es nur aus Krimis kennt. Aber unser Auto ist gegen Einbruch bestens gesichert. Nach einer knappen Stunde und zahlreichen kreativen Versuchen gibt er auf. Gemeinsam schmieden wir einen Rettungsplan. Er nimmt mich jetzt mit zu seiner Werkstatt, die etwa 15 km entfernt ist, und gibt mir dort einen Leihwagen. Dann fahre ich etwa eine Stunde zu unserer Ferienwohnung, hole dort den zweiten Autoschlüssel, kehre zum Parkplatz zurück, und bringe anschließend den Leihwagen zu ihm. Leider hat er nur einen Platz im Wagen, deshalb bleibt meine Frau zurück. Eine abenteuerliche Nacht beginnt.
Während der Fahrt muss ich daran denken, wie selbstverständlich ich davon ausgegangen war, dass nur meiner Frau so etwas passieren könnte. Wie viel Grund hätte sie gehabt, mir meine vielen spitzen Bemerkungen nun heimzuzahlen. Aber kein Wort davon. Stattdessen hatte sie mit mir gemeinsam konstruktiv überlegt, was zu tun ist und wie wir aus der Klemme wieder herauskommen. Mir fallen Sätze des Apostels Paulus ein: „Die Liebe prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Sie ist nicht schadenfroh", sagt er (1.Kor 13, 4.6). Es tut gut, wenn andere so mit einem umgehen, nicht wahr? Wenn sie die schwachen Punkte nicht ausnutzen, einen nicht bloßstellen und nicht demütigen. Es tut gut, wenn man Gottes Liebe hautnah zu spüren bekommt im Verhalten eines anderen Menschen. Davon redet Paulus nämlich. Ich will das auch probieren: großzügig über die Schwächen anderer hinwegsehen und ihnen helfen, damit klarzukommen. Und ich bitte Gott, mir diese Sicht zu ermöglichen. Jetzt gleich - für heute!

 

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