Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Kinder lassen sich nicht erziehen, die machen sowieso, was wir tun!" -Karl Valentin, der Münchner Komiker und Schriftsteller hat das gesagt (1882-1948). Klingt auf den ersten Blick wirklich komisch, doch bei näherem Hinschauen: Recht hat er. Jungen Leuten fällt es leicht, auf mangelnde Vorbilder in der Elterngeneration hinzuweisen. Wenn für Erwachsene die Ellenbogen zum wichtigsten Körperteil werden, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn sich auch Jugendliche entsprechend verhalten. Die Lügen mancher Politiker, die Betrügereien gewisser Manager, der menschenverachtende Umgang mit Teilnehmern in manchen Casting Shows - das wirkt auch nicht gerade vorbildlich auf junge Leute. Wenn das nur so einfach wäre, das mit dem Vorbild  im Alltag. Aber es  führt kein Weg daran vorbei. Ich finde es amüsant, wenn kleine Kinder ihre älteren Geschwister oder die Eltern nachahmen. Kinder machen eben gerne nach, was andere vormachen. Sie tun das unbewusst. Etwas anderes ist es, wenn ich jemanden zum Vorbild habe, von dem ich lernen möchte für mein eigenes Leben. Und da glaube ich: Kinder und Jugendliche nehmen uns am ehesten das ab, worum wir Erwachsenen uns selbst bemühen. Wenn sie spüren, dass wir glaubwürdig sind. Wenn unser Reden und Tun möglichst zusammenpasst. Sie wollen uns nicht perfekt. Perfekte Menschen, die vorgeben, alles recht zu machen, sind mir unheimlich. In ihrer Nähe wird's einem kalt. Nicht perfekt brauchen wir zu sein, aber darum bemüht, Vorbild, glaubwürdig zu sein. Ich fühle mich ganz schön herausgefordert, wenn ich bedenke: Es liegt ein gutes Stück auch an mir, ob unsere Kinder lernen, wie befriedige ich egoistisch alle möglichen Bedürfnisse - oder, wie kann ich versuchen, etwas für andere zu tun. Suche ich bei diesem Bemühen auch das Christliche, dann wende ich mich an Jesus und schaue in den Evangelien des Neuen Testaments, was er mir vorlebt: Ein unerschütterliches Gottvertrauen. Gott geht mit mir durch dick und dünn, er steht zu mir, was auch immer passiert. Was finde ich noch bei Jesus? Die Liebe ist das einzige, was zählt und mich menschlich weiter bringt. Auch das lebt Jesus vor. Toleranz lerne ich von ihm. Ich darf anders sein als andere. Und: Vergebung. Wer jemandem, der schuldig geworden ist, vergeben kann, der befreit den anderen von einer Last und vielleicht auch sich selbst.

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