Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Einfach keine Kraft mehr. Amtsmüde. Das greift um sich. In Lehrerzimmern und Rathäusern, in Kirchenkanzleien und in Büros. Ich verstehe, dass jemand dann den Bettel hinschmeißt und nur noch seine Ruhe haben will. Für mich als Wählerin oder sonst Betroffene allerdings bleibt das Gefühl: Was, so schlimm steht es, dass der oder die jetzt auch nicht mehr mag?
Steht es wirklich so schlimm? Manchmal denke ich, es steht vor allem um unsere Teamfähigkeit nicht zum Besten. Wir erwarten Teamarbeit und partnerschaftlichen Führungsstil von allen, die Verantwortung tragen. Aber wo ist eigentlich das Team, wenn es schwierig wird? Auf einmal gehen sie alle in Deckung hinter dem Chef oder der Chefin. Der kriegt dann die ganze Kritik ab und wird verantwortlich gemacht. Und aus dem Team hört man womöglich auch noch: Ich war sowieso anderer Meinung.
Der Hamburger Bürgermeister hat sich bei seinem Rücktritt auf die Bibel berufen: „Alles hat seine Zeit" stünde darin. Da hat er recht. Und manchmal ist es sicher gut, wenn ein Amtsträger nicht an seinem Stuhl klebt.
Aber etwas anderes steht auch in der Bibel. Eine merkwürdige Geschichte von einem Amtsmüden. Da waren die Leute in schwieriger Situation, standen in einer spannenden Auseinandersetzung. Und Mose, erzählt die Bibel, der die Strategie entwickelt hatte, der hatte sich sichtbar für alle auf einem Berg postiert. Wenn er seine Hände hochhielt, wenn er zeigte, dass er die Übersicht hatte und wo es lang ging, dann ging alles gut (2. Mose 17, 11f). Aber wenn er müde wurde, dann verließ auch seine Leute der Mut. Amtsmüdigkeit entmutigt die, die ihre Arbeit machen und sich durchkämpfen. Aber Mose hatte Gott sei Dank ein gutes Team, erzählt die Bibel weiter. Die brachten ihm eine Sitzgelegenheit. Und sie stützten ihm die Arme - so konnte er durchhalten, bis seine Leute gewonnen hatten.
Wer eine verantwortliche Aufgabe hat - in einer Schule, in einem Rathaus oder im Büro - der braucht ein Team, das ihn stützt. Ihr zuarbeitet. Ihm Rat gibt. Ihr Freiräume schafft. Mitarbeiter, die einen stützen, wenn es eng wird und mühsam. Die die Kritik mit aushalten. Die einem den Rücken stärken und sagen: Wir brauchen dich. Es ist gut, dass du diesen Weg mit uns gehst. Und die Krisen, die stehen wir gemeinsam durch. Das kann man nicht selber sagen. Das müssen die anderen tun. Auch dazu braucht man ein Team, auf das man sich verlassen kann.
Als Mutter weiß ich, wie leicht man amtsmüde werden kann, wenn es eine Weile nicht so läuft. Aber ich weiß auch, wie gut es tut, wenn einem jemand den Rücken stärkt. Wenn man nicht nur Kritik hört, sondern auch Unterstützung kriegt und Anerkennung. Dann wird man nicht so leicht müde.

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