SWR3 Gedanken

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Ich bin 1,2 Millionen Euro wert. Aber nur, wenn ich im Straßenverkehr sterbe. Das hat zumindest die Bundesanstalt für Straßenwesen errechnet. Durch einen Unfalltod im Straßenverkehr gingen der deutschen Volkswirtschaft statistisch gesehen 1,2 Millionen Euro verloren. Wenn es darum geht, deutsche Straßen sicherer zu machen, dann muss sich das auch lohnen. Das heißt im Klartext: Wenn man durch den Einbau einer Ampel die Sicherheit so erhöht, dass es einen Toten weniger gibt, dann hat sich die Ampel rentiert. Wenn man aber eine Straßenführung so verändern muss, dass es 5 Millionen kostet, damit sie sicherer wird, dann muss man schon 4 Verkehrstote einsparen, damit es sich rentiert. Wenn ich sowas in der Zeitung lese, dann frage ich mich immer, wer sich das ausdenkt? Wer glaubt allen Ernstes, dass man einen Menschen als ökonomische Kosten-Nutzenrechnung sehen darf? In der Statistik gibt es keine Tränen, keine Kinder, die ihre Eltern verloren haben, keine Fahrer, die ihren Beifahrer auf dem Gewissen haben, da gibt es nur einen volkswirtschaftlichen Schaden von 1,2 Millionen Euro. Wenn diese Berechnungen Schule machen wird mir irgendwann jemand sagen: Herr Tremel, sie sind krank. Aber wir haben ausgerechnet, dass es teurer ist, sie zu behandeln als sie sterben zu lassen. Und tschüss." Ich finde das unglaublich traurig. So möchte ich nicht mit einem Menschenleben umgehen. Wie gut, dass Gott kein Ökonom ist.

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