Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Das Lukas-Evangelium (4, 31-37) berichtet von einem dramatischen Zwischenfall in der Synagoge von Kapharnaum: Ein Besessener stört lautstark den Gottesdienst und legt sich direkt mit dem Prediger an: „Was willst du von uns, Jesus von Nazareth", schreit es aus diesem Menschen heraus, „du bist gekommen, uns zu vernichten".
Ein Fall für die Klapse? Mag ja sein, aber diese Story macht mich doch ein wenig nachdenklich: Ist uns das Böse nicht manchmal näher, als wir glauben?
Die Welt ist voller Abergeister! Der wirtschaftliche Wettbewerb entartet zunehmend zu einem „Wettlauf der Besessenen". Trägt nicht auch die Gier an den Kapitalmärkten geradezu dämonische Züge? Ist das nicht satanisch, was der internationale Terror an Leid und Tod produziert? Auf allen Kriegsschauplätzen dieser Welt ist doch wirklich der Teufel los. Auch auf unseren Straßen ist man vor ihm nicht mehr sicher: „Guck nicht so blöd", schreit ein Jugendlicher einen Mann an und stößt ihm ein Messer zwischen die Rippen. Teuflisch auch, wie es in manchen Beziehungskisten rumpelt, oder wie man sich mit Mobbing das Leben am Arbeitsplatz zur Hölle macht.
Und ganz ehrlich: Auch wir sind doch manchmal außer uns - vor Schmerz und vor Wut, vor Enttäuschung, Zorn oder Eifersucht. Manchmal meint man, im Container unseres Lebens hause noch ein anderer.
Gewiss - heute wissen wir: Hinter solchen Exzessen, auch hinter dem, was die Bibel „Besessenheit" nennt, verbergen sich oft Krankheitsbilder, mit denen wir medizinisch und psychiatrisch angemessen umgehen sollten.
Schauen wir trotzdem nochmal in Kapharnaum vorbei. In der Auseinandersetzung mit diesem Dämon geht es um Leben und Tod. Jesus nimmt die Kriegserklärung an. Anders, als wir ihn sonst kennen im liebevollen, einfühlsamen Umgang mit Kranken und Sündern, schreit er nun selbst zurück: „Schweig und fahre aus diesem Menschen aus!" Kein Gebet, keine Handauflegung, keine Berührung wie so oft bei seinen Heilungswundern. Statt dessen ein klarer Befehl, ein Macht-Wort. Daraufhin reißt dieser Dämon den armen Menschen fast in Stücke, aber das Wunder ist schon geschehen, der Mann ist frei.
Um dem Bösen Paroli zu bieten, braucht man keinen faulen Zauber zu beschwören. Es genügt ein klares, unmissverständliches Wort, ein Aufschrei gegen das Böse.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8611
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