Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Menschen sind wie Spiegel. Sie zeigen mir, wer ich bin. Wie ein Spiegel mir ein Bild von mir zurückwirft, so tun das auch die Menschen, denen ich begegne: Sie sind freundlich oder verärgert, kritisieren oder loben mich, nörgeln herum oder machen mir Mut. Das Bild, das ich von mir selbst habe, wird zu einem ganz großen Teil bestimmt durch das, was die anderen mir widerspiegeln.
Nun können echte Spiegel aber ganz unterschiedlich sein. Wir haben zu Hause zwei davon, einen im Flur und einen im Badezimmer. Beide zeigen mich, wenn ich davor stehe. Aber der Spiegel im Bad zeigt mich - na ja - etwas vorteilhafter als der andere. Vielleicht liegt es an der Beleuchtung oder daran dass einer der Spiegel ein wenig verzerrt. In manchen Modegeschäften soll es angeblich Spiegel geben, in denen die Kunden besser aussehen, als es der Realität entspricht, damit sie zum Kaufen animiert werden. Auf welches Spiegelbild kann ich mich nun verlassen? Und dann gibt es da ja noch die Spiegel auf den Jahrmärkten. Sie zeigen den, der davor steht, bis zur Unkenntlichkeit verzerrt.
Ich denke, so ähnlich ist das auch mit den menschlichen Spiegeln. Und nicht immer entspricht das, was sie zeigen, der Wirklichkeit. Wenn mir jemand widerspiegelt, dass ich besonders toll oder aber völlig daneben bin, muss das nicht an mir, sondern es kann auch am Spiegel liegen.
Andere Menschen sind wichtig für das Bild, das ich selbst von mir habe. Deshalb ist es gut, zu wissen, wie das mit den Spiegeln ist. Dann muss ich mich nicht fertig machen lassen von der Nörgelei des einen. Und ich kann nicht eitel werden, wenn ein anderer mich über den grünen Klee lobt.
Wenn ich Menschen finde, denen ich vertrauen und auf deren Urteil ich mich verlassen kann, dann will ich gern in deren Nähe bleiben. - Für mich ist auch Gott so ein Spiegel, dem ich vertraue. In der Bibel steht, dass er mich besser kennt als jeder andere und auch die Dinge sieht, die meinen Mitmenschen verborgen bleiben. Gott zeigt mir, wie ich wirklich bin. Dabei beschönigt er nichts, sondern zeigt mir realistisch, wo etwas nicht stimmt und verbesserungsfähig ist. Gleichzeitig zeigt Gott mir aber auch, dass ihm viel an mir liegt, dass ich in seinen Augen wertvoll bin. Das tut mir gut und ich bin immer froh, wenn mich irgendetwas daran erinnert: Etwa ein schöner Sommertag, an dem ich Zeit für mich habe, oder auch ein spannendes Fußballspiel bei der WM, das ich mit guten Freunden anschaue - da kann ich spüren, dass ich Gott etwas wert bin.
Gott sieht mich, wie ich bin. Und ich bin für ihn wertvoll. Ich finde, das ist ein Spiegelbild, mit dem es sich gut leben lässt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8584
weiterlesen...