Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Gutes Wetter macht gute Laune. Jedenfalls bei mir ist das so, und ich weiß, dass es vielen Menschen so geht. Umgekehrt ist es genauso: Schlechtes Wetter macht schlechte Laune. Oft weiß ich gar nicht, warum ich schlecht drauf bin, bis mir auffällt, dass schon seit Tagen keine Sonne mehr am Himmel zu sehen war.
Wie Menschen sich fühlen, hängt oft mit den äußeren Umständen zusammen, nicht nur mit dem Wetter. Wenn ich morgens aufwache und eine schwierige Aufgabe ansteht, kann das meine Stimmung ebenfalls in den Keller ziehen. Wenn ich was Schönes vorhabe, geht's mir dagegen gut. Samstags fühle ich mich frei, montags meistens als Gefangener meiner Pflichten.
Es gibt aber Menschen, bei denen ist das nicht so. Einer davon war anscheinend der Apostel Paulus. Seinen Brief an die Christen in der griechischen Stadt Philippi hat er aus dem Gefängnis geschrieben. Dabei war er sich nicht sicher, ob er jemals wieder frei kommen würde. Er hat damit rechnen müssen, hingerichtet zu  werden. Die äußeren Umstände waren also sehr bedrückend. Aber gerade dieser Brief  aus der Todeszelle sprüht vor Freude und Zuversicht wie kein anderer Brief, den Paulus geschrieben hat.
Am Ende seines Briefes schreibt er: „Ich habe gelernt, unabhängig zu sein, egal wie die äußeren Umstände sind" (Philipper 4, 11). Wow, frei von den äußeren Umständen, das finde ich toll. Und gleichzeitig machen mir seine Worte Mut. Denn er schreibt: „Ich konnte das nicht schon immer; ich habe das gelernt." Frei sein von den äußeren Umständen wird einem Menschen also nicht in die Wiege gelegt. Aber man kann das - wie Paulus - lernen.
Und wie? Ich denke, indem man lernt, sich an etwas festzuhalten, das nicht so schwankend ist wie das Wetter oder andere Umstände. Etwas, das man nicht von außen bekommt, sondern in seinem Innern hat, immer dabei, egal was einem grade passiert. Das Stärkste - hat Paulus immer wieder gesagt - das ist die Liebe. Die macht frei und unabhängig.
Paulus hat Zuneigung und Liebe bekommen. Von den vielen Menschen, die an ihn gedacht haben und sich Sorgen um ihn gemacht haben. Und ganz besonders gefreut hat er sich darüber, dass er Gott viel bedeutet. Ich stelle mir vor, dass er sich das jeden Morgen in seiner Zelle in Erinnerung gerufen hat.
Vielleicht sollte ich das auch tun - bevor ich morgens den Rollladen hochziehe: mir klar machen, dass ich einigen Menschen und Gott viel bedeute. Dann ist es vielleicht nicht mehr ganz so wichtig, ob die Sonne scheint oder nicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8582
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