Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Jeder vierte Deutsche hat noch kein Buch gelesen. Das hat die Stiftung Lesen herausgefunden. 25 % unserer Bevölkerung lesen keine Bücher, weil es ihnen zu anstrengend ist, weil sie keine Zeit haben oder sich keine Zeit dafür nehmen wollen. 3 % der Deutschen lesen über 50 Bücher pro Jahr. Ich lese sicher keine 50 Bücher im Jahr, aber ich lese sehr gern.
Denn ein gutes Buch ist wie ein guter Freund: Man muss sich erstmal kennen lernen. Schafft ein Buch das auf den ersten 50 Seiten es nicht mich rein zuziehen, lege ich es wieder weg, dann wird eben keine Freundschaft daraus. Wenn ja, dann lese ich es auch immer bis zum Ende. Und tue mich am Schluss meistens schwer, mich von ihm zu trennen. Darum ist auch der letzte Satz so wichtig. Mit dem entlässt mich dann mein wochenlanger Einschlaf- oder auch Urlaubsbegleiter.
Ein lebenslanger Begleiter ist meine Bibel. Ein großes dickes Buch. Meine Großmutter hat sie mir vererbt und diese Bibel ist auch deshalb von großem Wert für mich, weil ich weiß wie wichtig sie meiner Oma war.
Es wäre eine fromme Lüge, wenn ich sagen würde, dass ich jeden Tag in der Bibel lese, aber ich ziehe das dicke alte Buch immer wieder aus dem Regal. Und wenn ich in der Bibel lese, dann lese ich gern zwischen den Zeilen. Nicht immer nur die großen bekannten Geschichten, wie Gleichnisse oder Wunder, sondern die scheinbaren Nebensätze.
Zum Beispiel heißt es oft „... und Jesus ging an einen einsamen Ort". Jesus lebte also sehr aus der Stille, holte sich seine Kraft aus der Zurückgezogenheit und aus dem Gebet. Und das ist auch ein Grundzug des christlichen Glaubens: der Wechsel von Rückzug aus der Welt und dem Reingehen in die Welt, von Aktivität und Passivität, von Mystik und Politik.
Eine andere scheinbare Nebensächlichkeit: wenn Jesus jemanden geheilt hatte entließ er diesen Menschen meistens mit dem Satz „... und nun geh nach Hause". Im griechischen Urtext des Neuen Testaments heißt das: eis ta idia: Das bedeutet, geh in das Dir Eigene, zu Dir nach Hause, kehre zu dem zurück das Dich ausmacht, bleib oder werde der Mensch der Du bist. Eine wunderbare Aufforderung die jedem Menschen gut tut. Auch heute noch. Nachzulesen in einem Buch in dem sogar die scheinbaren Nebensächlichkeiten wichtig sind. Und schön...

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8550
weiterlesen...