Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Jeden lieben Tag mache ich Fehler. Ich meine die Fehler, die anderen schaden. Situationen, in denen ich mich schuldig mache. Gleich ob dramatisch oder bagatell. Wo ich Gefühle verletze. Ungerecht bin. Kein perfekter Mitmensch.
„Sorry seems to be he hardest word". Ein Lied von Elton John trägt diesen Titel.
„Sorry" - „Verzeih", das schwierigste aller Worte. Im Englischen.
Der Deutschen Zunge fällt das Wort noch schwerer.
„Verzeih mir!" oder „vergib mir!" Das kommt mir schwer über die Lippen.
Denn einen Fehler zuzugeben, ist natürlich unangenehm. Sich als den Schuldigen hinzustellen noch mehr.
Deswegen vergeben wir uns oft selbst, statt um Verzeihung zu bitten.
Und greifen zu dem Wort „Entschuldigung!".
Da wird ein wichtiger Termin nicht eingehalten. Einfach „´Tschuldigung!" gesagt, „Hab´ ich halt vergessen!" und alles ist wieder in Ordnung.
Auf dem Schulhof den ABC-Schützen umgerempelt. Der fällt hin. Tut sich weh. Statt zu helfen: „Entschuldigung!" und weiter geht´s im Nachlaufspiel.
„Entschuldigung!" Das klingt nicht ganz so dramatisch wie „Verzeih mir!" Und geht schnell vorbei. Wer „Entschuldigung!" sagt, spricht sich selbst frei von der Schuld. Braucht auf die Vergebung nicht zu warten. Vielleicht passt ein kurzes „'Tschuldigung!" besser in unsere schnelllebige Zeit.
Aber ich denke, es geht uns etwas Wichtiges verloren, wenn wir uns nicht der Schuld stellen. Bitte ich nicht um Verzeihung. Kann mir auch keiner verzeihen.
Das würde die Sache aus der Welt schaffen.
Und man könnte versöhnt mit sich und den anderen wieder friedlich umgehen.
Schade, dass sich im Deutschen die Selbst-Entschuldigung eingebürgert hat.
Und eigentlich unnötig: Ich brauche keine Angst zu haben, dass mich jemand stehen lässt, wenn ich meinen Fehler einsehe und „verzeih mir" sage.
Oder sagen Sie „Nein!", wenn zu Ihnen jemand kommt und ehrlich um Vergebung bittet für das, was er falsch gemacht hat?
Und auch aus rein statistischer Sicht können wir unseren Mitmenschen mehr Vergebungsbereitsschaft zutrauen, als das verzagte Herz sich traut.
Millionen beten es regelmäßig. Am Sonntagmorgen oder vor dem Zu-Bett-Gehen: Das Vater-Unser. Da heißt es „und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern."
Vergebung ist unser täglich Brot. Denn Fehler zu machen, ist ganz menschlich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8459
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