Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Fronleichnam. Der Name ist irreführend. Denn heute wird kein toter Körper verehrt. Im Gegenteil: das Wort Fronleichnam bedeutet: lebendiger Leib des Herrn. Entstanden ist das Fest im Mittelalter, also schon vor der Reformation. So gehört es auch mit zur Geschichte der evangelischen Kirchen. Fronleichnam wurzelt im Gottesdienst, im Glauben, dass Christus in Brot und Wein gegenwärtig ist, in der Messfeier, und auch darüber hinaus. Anfangs wurde die geweihte Hostie vor allem in der Kirche mit Gebeten und Liedern verehrt. Bald kamen dann Prozessionen hinzu. Dabei hat man an andere Bräuche angeknüpft: z.B. an den Brauch, den Priester zu begleiten, der die Kommunion zu einem Sterbenden gebracht hat, später dann auch an den Brauch der Bitt- und Flurprozessionen. Jetzt wurde die geweihte Hostie in einer Monstranz, einem goldenen Schaugefäß, den Menschen gezeigt und aus der Kirche hinaus über die Felder und Wiesen und durch die Städte getragen. Das heilige Brot zeigen und mit Christus in der Mitte durch die Welt gehen und ihn um Segen bitten für Stadt und Land - diese Gedanken kamen neu hinzu. Einen weiteren Akzent erhielt Fronleichnam nach der Reformation: da wurde es zu einem betont katholischen Feiertag. Im Barock gleichen die Prozessionen einem Triumphzug: der himmlische König zieht mit viel Prunk durch das Land, begleitet von seinem Hofstaat - den Heiligenfiguren, die mitgetragen werden, und geleitet von seinem Volk, das ihm Blumen auf den Weg streut. Im Dritten Reich haben Menschen an diesem Tag sehr viel Mut gezeigt. Denn bei der Fronleichnamsprozession mitzugehen, hieß, sich öffentlich als Christ zu bekennen. So hat Fronleichnam im Laufe der Zeit Verschiedenes bedeutet und Frommes und weniger Frommes angezogen. Viele Gemeinden versuchen heute, zeitgemäße Formen zu finden, in denen gewachsenes Brauchtum und modernes Leben zusammenkommen und in denen auch die Ökumene im Blick ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8351
weiterlesen...