Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Wenn Hoffnungen untergehen, was bleibt einem dann? Ich bin noch gar nicht so alt, aber auch mir sind schon Träume geplatzt. Träume für mein privates Leben. Aber manches ist dann doch anders gekommen. Auch für die Welt um mich herum habe ich die Utopien meiner Generation geteilt: Der Fortschritt könnte die Armut besiegen und den Hunger, Frieden wäre möglich und Versöhnung mit allen Menschen. Und ich sehe jetzt: auch da ist vieles anders gekommen. Die Träume haben sich nicht verwirklichen lassen.
Und jetzt? Das Leben geht weiter. Was für Träume gibt es jetzt noch? Worauf kann ich, worauf können wir hoffen?
Auf dem Kirchentag vor zwei Wochen hat mich ein Lied neu berührt. Gerhard Schöne, ein Liedermacher aus der ehemaligen DDR hat einen Text gedichtet auf ein altes Kirchenlied.
„Jesu meine Freude, meines Herzens Weide, Jesu, wahrer Gott", so fängt es an. Und dann kommt: „Wer will dich schon hören, deine Worte stören, den gewohnten Trott. Du gefährdest Sicherheit! Du bist Sand im Weltgetriebe. Du mit deiner Liebe."
Es sind also nicht die fertigen Vorstellungen wie es werden soll, auf die wir hoffen können. Die können ja auch zum ‚gewohnten Trott' werden und man merkt gar nicht, dass die Zeit anders geworden ist. Sondern ein Mensch, Jesus, der sich auf die Menschen seiner Zeit eingelassen hat. Der ihnen liebevoll und deshalb verständnisvoll begegnet ist. Der  ihnen damit geholfen hat, sich zu verändern und auch Krisen zu überstehen - darauf kann man sich verlassen, wenn Träume verloren gegangen sind. Das trägt durch, auch, wenn alles anders kommt, als man gedacht hat. Denn dieser Jesus ist zäh. So geht das Lied weiter:
„Du warst eingemauert. Du hast überdauert, Lager, Bann und Haft. Bist nicht tot zu kriegen, niemand kann besiegen, deiner Liebe Kraft. Wer dich foltert und erschlägt, hofft auf deinen Tod vergebens. Samenkorn des Lebens."
Wo Menschen sich an Jesus orientieren, kann etwas Neues entstehen, auch wenn man noch gar nicht so genau weiß, wie das aussehen kann. Daran erinnert mich dieses Lied. Es hat keinen Sinn, sich an Träume und Utopien zu klammern. Die Zeiten ändern sich und die Menschen auch. Deshalb braucht man einen der mitgeht ins Unbekannte. Etwas, worauf man sich verlassen kann, auch wenn man gar nicht weiß, wie die Zukunft aussehen wird. Zum Schluss heißt es in dem Lied von Gerhard Schöne:
„Jesus, Freund der Armen. Groß ist dein Erbarmen, mit der kranken Welt. Herrscher gehen unter, Träumer werden munter, die dein Licht erhellt. Und wenn ich ganz unten bin, weiß ich dich an meiner Seite, Jesu meine Freude".
Auch wenn ich im Moment nicht recht weiß, was ich träumen soll. Darauf will ich hoffen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8337
weiterlesen...