Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
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Unsere Kirche bekommt einen neuen Namen: Alt-Katholische Kirche St. Peter und Paul. Gemeint sind die beiden Apostel, von denen im Neuen Testament zu lesen ist. Beides ziemliche Dickköpfe, aber sehr überzeugend im Auftreten. Petrus, der im Gefolge Jesu gern gewichtig auftrat, sich dann aber hinter Lügen versteckte, um die eigene Haut zu retten: „Ich kenne diesen Menschen nicht...", sagte er bei der Gefangennahme Jesu aus Angst, er könne auch verhaftet werden. Paulus, der als beinahe schon zwanghafter Christenverfolger bekannt war, dann aber eine Bekehrung erlebte, die alles verändert hat: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir...", lautet sein Glaubensbekenntnis.
Petrus, der sich von Jesus begeistern ließ und kurzerhand aus dem Boot ausstieg, um wie Jesus auf dem Wasser zu wandeln, dann aber seiner eigenen Courage nicht mehr traute und unterging. Paulus, der offen war für den Dialog mit den Heiden, also mit den Menschen anderen Glaubens, aber mit dem eigenen Gefährten Barnabas nicht mehr klar kam. Er fing mit ihm auf einer Missionsreise einen Streit an mit dem Ergebnis, dass sie sich trennen mussten. Es ging nicht mehr miteinander. Petrus und Paulus - sie begegnen sich mit so unterschiedlichen Vorstellungen von Kirche, dass es zur offenen Auseinandersetzung kommt: Wie hat Kirche eigentlich zu sein? Nach welchen Regeln funktioniert sie? Ihre Ansichten waren da sehr unterschiedlich, so sehr, dass Paulus sagt, Petrus habe sich mit seiner Meinung sogar ins Unrecht gesetzt (Gal 2, 11). Petrus und Paulus - welche Typen! Für unsere Gemeinde, die nach einem jahrelangen Prozess aus drei Einzelgemeinden zusammengelegt wurde, sind gerade diese beiden ein hilfreiches Vorbild. Denn die Zusammenlegung unserer Gemeinden kam nicht als Verordnung von oben, vom Bischof, sondern ist das Ergebnis einer sehr offenen Auseinandersetzung um unser Verständnis von Gemeinde. Gewonnen hat am Ende das Zusammengehörigkeitsgefühl. Und das ist gerade durch die manchmal kontroverse Auseinandersetzung gewachsen. Genau wie bei Petrus und Paulus, die letztlich auch eine Einigung fanden und entschieden haben, dass die wichtigste Regel lautet: Niemand soll ausgegrenzt werden. Was sie uns zeigen ist, dass Offenheit und ehrliche Auseinandersetzung nicht nur sein dürfen, sondern ein Merkmal dafür sein sollen, wie wir miteinander umgehen. Gerade auch als Kirche. Der neue Name unserer Pfarrkirche, St. Peter und Paul, soll uns als Gemeinde genau daran erinnern. Und vielleicht sind diese Gedanken auch für Sie ein kleiner Anstoß.