Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Es ist wie ein Reflex. Wenn jemand „Himmel" sagt, dann guck ich nach oben. Darum finden viele den Feiertag heute ja auch ein bisschen komisch. Christi Himmel-Fahrt. Wenn Sie das auch komisch finden, liegt das wirklich nur an unseren Reflexen. Dass man bei Himmel wie automatisch nach oben guckt. Als wäre Jesus wie eine Rakete nach oben durchgestartet. Dabei warnt schon die Bibel vor diesem Reflex, wenn sie von der ‚Himmelfahrt' erzählt: Jesus ist auf einmal verschwunden. Also denken seine Jünger. Er muss oben sein. Aber wie sie noch gucken, werden sie angesprochen. „Was steht ihr da und starrt nach oben". Für mich heißt das: Guckt nicht nach oben, kümmert euch um das Leben auf der Erde, wenn Euch der Himmel am Herzen liegt.
Himmel kann hier sein. Mitten im Leben. Wie das sein kann, davon erzählt ein Lied. Es heißt: Da berühren sich Himmel und Erde. Es verspricht, um dem Himmel näher zu kommen, muss ich nicht reflexartig nach oben gucken, oder aufwärts streben. Himmel und Erde berühren sich mitten im Leben.
„Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen und neu beginnen, ganz neu. Da berühren sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns."
‚Wo Menschen sich vergessen', das ist nicht gemeint im Sinn von ausrasten, sondern wo es glückt, die Sorge um mich selbst zu vergessen. Ein Feuerwehrmann z.B., der in ein Haus geht, um jemand herauszuholen. Die Gefahr für sich selbst nicht scheut. Da berührt der Himmel die Erde. Nein, nicht die Erde. Da berührt er Menschen. Sich zu vergessen zugunsten eines andern, das kann man nur, wenn einen der Himmel berührt. Und: es macht tief zufrieden und glücklich. Vielleicht lächelt in so einem Glück Gott uns an.
In der zweiten Strophe des Liedes heißt es:
Wo Menschen sich verschenken, die Liebe bedenken und neu beginnen." Mit der Liebe neu anfangen, obwohl sie schon erloschen schien, auch das eine Berührung des Himmels? Ich glaube, es geht gar nicht ohne. Oder in der dritten Strophe:
„Wo Menschen sich verbünden, den Haß überwinden und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde. Dass Friede werde unter uns." Ich denke an Geschwister, die sich nicht mehr vorhalten, dass ihre Eltern ungerecht waren. Sondern über ihre Schatten springen und sich versöhnen. Der Himmel auf Erden, den dieses Lied für möglich hält, ist nicht romantisch oder kitschig. Der ist erdig. Wo Gott uns berührt, da fängt er an.

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