Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wir sind zum Gespräch geboren. Der Satz ist über 400 Jahre alt. Aber ich finde, er kann einem heute noch das Leben leichter machen. Miteinander reden, nur so bekommt man Einblick in das, was andere glauben und denken. Und das hilft wiederum zu verstehen, warum sie so handeln, wovor sie Angst haben, was ihnen wichtig ist. So kann Vertrauen wachsen.

Wir sind zum Gespräch geboren. Das hat Philipp Melanchthon gesagt. Im April 1560, also vor 450 Jahren, starb der große Lehrer des Glaubens in Wittenberg. Dort hat er an der Universität unterrichtet.


Geboren wurde Philip Melanchthon in Bretten im Kraichgau. Im Haus seines Großvaters wuchs Philip auf. Da wo heute das Melanchthonhaus auf dem Marktplatz steht. Als Junge musste er mit ansehen, wie sein Vater qualvoll an den Folgen einer Vergiftung starb, die er aus dem Krieg mitgebracht hatte. Das zog ihn schon früh auf die Seite von Frieden statt Krieg, Kompromiss statt Gewalt, Verhandeln statt Draufhauen. Miteinander reden - und zwar rechtzeitig und immer wieder - nur so kann Frieden bleiben. Das hat er schon als Kind begriffen. Mit 11 Jahren kam er nach Pforzheim. Dort sorgte sein Großonkel Johannes Reuchlin für eine hervorragende Ausbildung. Philip studierte dann in Heidelberg und Tübingen, machte in kürzester Zeit seinen Abschluss und kam mit gerade mal 21 Jahren als Junior-Professor an die Universität in Wittenberg.

Luther, der große Reformator, war schon dort. Die beiden fanden sich, und es entstand ein tolles Team für die Erneuerung von Kirche und Glauben.

Luther wusste, was er an Melanchthon hatte. Ihn konnte er getrost in die Streitgespräche über den Glauben schicken. Besser als er selbst konnte Melanchthon ins Gespräch kommen, eine Tür offen lassen oder einen Kompromiss finden.

Wir sind zum gegenseitigen Gespräch geboren. Es lohnt sich, diesen Satz mitzunehmen in den Tag. Wenn es also nach Melanchthon geht, dann ist nichts mit verbissen vor sich hin wursteln, oder: soll doch die andere anfangen mit sprechen, oder: mit dem Sturkopf lässt sich nicht reden.

Selber denken und dann mit anderen ins Gespräch kommen, das gehört zu unserem Leben, rät der große Lehrer. Nur wenn wir miteinander reden, kann Vertrauen wachsen. Und das brauchen wir, wenn wir miteinander leben wollen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8167
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