Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Du sollst Vater und Mutter ehren

 „Sei lieb zu deinen Kindern, denn sie suchen dein Altersheim aus!" Na Klasse! Selten hab' ich eine so ranzige Variante des vierten Gebots gehört. Des vierten der 10 Gebote, „Du sollst Vater und Mutter ehren!" Der Spruch vom Anfang dreht die Perspektive, behält aber den über 3000 Jahre alten Kern dieser Lebensregel bei: dass die Kinder für ihre alten Eltern sorgen sollen. Damals wie heute geht es darum, die alten Menschen vor dem sozialen Absturz zu sichern, wenn sie gebrechlich oder krank werden. Aber auch um die seelische Seite, um den liebevollen oder wenigstens respektvollen Umgang mit den gealterten Vätern und Müttern. Wenigstens respektvoll, ich habe das bewusst so gesagt, denn die Beziehung Eltern-Kinder ist im Idealfall ein Geschenk des Himmels und etwas vom Schönsten, das es gibt. Diese Beziehung ist aber auch eine ganz heikle Kiste. Wenn sich zum Beispiel groß gewordene Kinder von gealterten Egozentrikern lebenslänglich in die Pflicht genommen sehen. Oder wenn hilflose Greise von rücksichtslosen „Selbstverwirklichern" abgeschoben werden. Für all diese Beziehungskonstellationen will das vierte Gebot eine Hilfe sein. Den Eltern, die, so sie Liebe gegeben haben, diese Liebe auch an ihrem Lebensabend zurückbekommen sollen. Den Kindern, die, wenn sie keine oder zu wenig Liebe bekommen haben, wenigstens ihre Eltern respektieren sollen. Denn, was ihre Eltern ihnen getan oder eben auch nicht getan haben - von ihnen haben sie das Leben erhalten. Und das nicht wenigstens zu respektieren beeinträchtigt im letzten auch den Respekt vor sich selbst.
Vater und Mutter ehren - beim vierten Gebot geht es um ein uraltes Wechselspiel von Geben und Nehmen. Haben die Eltern viel Gutes für uns getan, bedanken wir uns bei ihnen auch dadurch, dass wir unseren Kindern Gutes tun.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8105
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