Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wann endlich ist das Neumondfest vorbei, wir wollen Getreide verkaufen. Und wann ist der Sabbat vorüber, wir wollen den Kornspeicher öffnen..“ (Amos 8, 8), so klagten schon in der Bibel geschäftstüchtige Kaufleute und forderten die Libe-ralisierung des Ladenschlusses.
Die ist bei uns nun beschlossene Sache. Bald können die Geschäfte an drei Sonntagen im Jahr und werktags rund um die Uhr geöffnet haben. Gegen den Widerstand der Beschäftigten, gegen den Widerstand von Gewerkschaften, Be-triebsräten und Kirchenleuten wurde das alte Ladenschlussgesetz abgeräumt.
Dem nachzuweinen, macht wenig Sinn. Nun liegt es vielmehr an uns als Verb-raucherinnen und Verbrauchern, ob wir dieses neue, fragwürdige Angebot in Anspruch nehmen. Wenn die Kosten der Spätöffnung höher sind als die Gewin-ne, wird der nächtliche Spuk bald ein Ende haben.
Nach der Abstimmung im Landtag rate ich nun zur Abstimmung mit den Füßen. Wer spätabends einkaufen geht, gefährdet kleinere Fachgeschäfte, die solche Kosten nicht tragen können. Er zwingt Verkäuferinnen zu Nachtarbeit, zu Arbeit ohne Not! Denn Arbeit im Einzelhandel ist nicht Arbeit in der Pflege oder in Si-cherheitsbereichen, die rund um die Uhr in des Wortes wahrem Sinn not-wendig ist. Oder nimmt da jemand ernstlich Schaden, bloß weil die Geschäfte abends geschlossen sind? Dafür aber werden noch mehr Menschen mit den gesundheit-lichen Folgen der Schichtarbeit zu kämpfen haben. Familien geraten durcheinan-der, Alleinerziehende bekommen Arbeit und Kinderbetreuung nicht mehr geba-cken. Und dann wird auch noch der Heimweg mitten in der Nacht für viele Frauen zur Zitterpartie.
Wer spätabends einkaufen geht, löst unwillkürlich noch weitere Nachtarbeit aus. Bald werden Busse und Bahnen auch am späten Abend häufiger fahren müssen. Die Geschäfte können nur nachts gereinigt, die Regale neu aufgefüllt werden. Dann ist der Tag nicht mehr fern, wo es einen jeden auch selbst erwischt. Wer heute am Abend oder am Sonntag einkaufen geht, wird morgen zu diesen Zeiten selber arbeiten müssen. Ist dieser Preis nicht zu hoch?
Ich bin zuversichtlich, dass viele Menschen sich ihrer Verantwortung bewusst werden und ihre Einkäufe so organisieren, dass sie damit andern nicht schaden.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=809
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