Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es muss was kosten, damit es was taugt. - Das sagen manche Menschen über Autos oder Waschmaschinen. Für manche gilt dieser Spruch aber auch für das ganze Leben. Sportler sagen manchmal, dass ihr Sport ihnen weh tun muss, damit sie erfolgreich sind. Und ein Pfarrer hat mir mal gesagt, dass seine besten Predigten die, die ihn beim Schreiben besonders viel Mühe kosten. Nur wenn's schwer fällt, kommt auch was Gescheites dabei raus. So denken anscheinend viele.

Neulich bin ich auf ein chinesisches Sprichwort gestoßen, das sagt genau das Gegenteil. Da heißt es:

Das Leichte ist richtig,
Beginne richtig, und es ist leicht.
Fahre leicht fort, und es ist richtig.
(Dschuang-Tsu)

„Das Leichte ist richtig" - dieses Motto gefällt mir viel, viel besser als das andere, dass alles schwer sein muss.  „Das Leichte ist richtig" - ich denke, dass dieser Satz ein Wegweiser durch das Leben sein kann. Ein Wegweiser, der mich davor bewahrt, mich zu überfordern und ein Leben zu leben, das gar nicht zu mir passt. Denn was mir leicht fällt, das kann ich gut, das macht mir Spaß und darin bin ich dann auch gut. - Und auf der anderen Seite: wenn ich zu große Opfer bringen muss, wenn ich ständig an meine Grenzen komme und darüber hinaus, dann bin ich auf dem falschen Weg.

Ich denke, dass auch Gott nicht der Ansicht ist, dass nur das etwas zählt, was mir schwer fällt. In der Bibel steht, dass er jedem Menschen Begabungen gegeben hat. Stärken, Dinge, die er gut kann. Und er möchte nicht, dass wir unsere ganze Kraft für das aufbrauchen, was uns schwer fällt. In einem Psalm betet ein Mensch: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz. (...). Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Weg! (Ps 139,23)"  - der „ewige Weg" - das heißt: der gute und richtige Weg - ist nicht der Weg der Mühsal.

Dass das Leichte das Richtige ist, meint nun aber nicht, dass ich es mir immer leicht machen soll. Nie Verantwortung übernehmen und sich um jede Aufgabe drücken - das ist nicht gemeint. „Beginne richtig, und es ist leicht. Fahre leicht fort, und es ist richtig" - das Sprichwort richtet sich gerade an die, die was tun.

Ich denke auch, dass Aufgaben mich ruhig Kraft kosten können. Auch ein Beruf, den ich gerne mache, ist manchmal anstrengend. „Es fällt mir leicht" - das muss ich nicht in einer besonders stressigen Phase sagen können Aber ich sollte es sagen können, wenn ich ein wenig Abstand habe: „Ja, dass was ich da jeden Tag tue, das kann ich unterm Strich gut machen, das fällt mir nicht schwer."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8081
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