Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es fängt oft ganz harmlos an: Eines Tages bemerkt Ingo, Informatiker, dreißig Jahre alt, dass er nicht mehr gerne zur Arbeit geht. Das ist neu! Unruhig und angespannt stürzt er sich ins Geschäft, aber kommt nicht recht voran, braucht länger als gewohnt. „Was ist denn mit dir los", fragte ihn schon kürzlich ein Kollege. Ingo reagiert nervös, verheddert und verkrampft sich immer mehr, kriegt die primitivsten Dinge nicht mehr gebacken. Software-Entwicklung ist doch seine Leidenschaft. Mit hoher Kompetenz hat er sich da rein gehängt und es ganz schön nach oben gebracht. Nun aber fühlt er sich nur noch müde und erschöpft, ausgebrannt wie eine Raketenstufe, bevor man sie absprengt. 
„Burnout" - der Super-GAU im menschlichen und beruflichen Leben! Fast die Hälfte der Berufstätigen, so will eine Untersuchung wissen, arbeitet ständig am Rande der Erschöpfung. Viele reagieren aggressiv gegen ihre Umgebung, drangsalieren Familie und Kollegen, werden ungenießbar. Andere verkriechen sich ins Schneckenhaus, greifen zur Flasche, werden depressiv. So oder so: Das Leben ist aus dem Gleichgewicht geraten.
Hat Ingo den „inneren Antreibern", wie die Fachleute sagen, zu viel Raum gegeben?   Ehrgeiz, Aufstieg, Karriere? Und plötzlich hat die Arbeit das ganze Lebenshaus besetzt. Oder waren es die „äußeren Antreiber", der steigende Leistungsdruck in der Turbo-Arbeitswelt von heute, Arbeit ohne Maß? Auch Ingo hat jahrelang am Wochenende Arbeit brav mit nach Hause genommen. Wofür eigentlich? Es gab kaum Lob und Anerkennung, immer nur Druck ohne Ende.
„Burnout" ist lebensbedrohlich und bedarf kompetenter Hilfe. Vorbeugen wäre auch in diesem Falle besser als heilen. Um die Balance zu halten, braucht die Arbeit ein mächtiges Gegengewicht, nämlich die Ruhe. Leicht gesagt, wenn sich die Termine jagen und Projekte abzuliefern sind. Als einzelner ist man hier verloren. Es bedarf gemeinsamer, organisierter Gegenwehr. Arbeit darf nicht das Leben kosten!
Schmunzelnd lese ich in der biblischen Schöpfungserzählung, dass sogar Gott am Ende seiner ersten Arbeitswoche fix und alle ist. Er „ruhte am siebten Tag von all seinen Werken". Nun ja - er konnte sich das leisten! Sein Unternehmen war noch nicht börsennotiert und er selbst auch nicht on-line!
Um wie viel mehr sind dann wir armselige Menschen im Hamsterrad der modernen Arbeitswelt auf Feierabend und Sonntag angewiesen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8015
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