Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ein kleines Kaff in der Nähe von Jerusalem - Schauplatz einer der schönsten Ostergeschichten. In der Dorfkneipe von Emmaus erkannten zwei Jünger Jesu ihren Freund und Meister, der wenige Tage zuvor auf Golgotha hingerichtet worden war.
Nun aber der Reihe nach: In diesen beiden Männern war eine Welt zusammengebrochen. Da hatte man Familie und Beruf verlassen und ist diesem Wander-Rabbi nachgerannt, jetzt hängt der am Galgen. Man kann sich die beiden Jammergestalten vorstellen, die da - aus welchen Gründen auch immer - gebrochen und enttäuscht nach Emmaus hinausgetrottet sind. Da tritt plötzlich ein Fremder an ihre Seite und geht mit ihnen. Es ist Jesus, aber sie erkennen ihn noch nicht. Meisterhaft versteht es dieser, den beiden sozusagen die Würmer aus der Nase zu ziehen. Und dann bricht es aus ihnen heraus und sie reden sich den ganzen Frust von der Seele.
„Musste der Messias nicht all das erleiden?", fragt der Begleiter vorsichtig und weitet den beiden behutsam den Blick, um die schrecklichen Ereignisse in Jerusalem zu verstehen und ihre entsetzliche Angst zu überwinden.
In Emmaus angekommen, lässt sich der unbekannte Begleiter von den beiden Jüngern bitten, noch mit ihnen einzukehren. Und als sie mit ihm das Brot brachen, so berichtet diese Erzählung, „gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn. Dann aber sahen sie ihn nicht mehr..." Sie aber sind sich nun sicher: Das war er, Jesus, der Gekreuzigte, der sie begleitet und mit ihnen gegessen und getrunken hat.
Diese Geschichte macht mir Mut, trauernden Menschen nicht aus dem Weg zu gehen, nicht die Straßenseite zu wechseln, sondern sie zu begleiten wie dieser Fremde, der die Jünger zum Reden bringt, ihnen den Blick weitet, sie sachte löst aus Verbitterung und Verzweiflung. Der sogar ihre Bitte erfüllt: „Beibe bei uns Herr, denn es will Abend werden..." Sie fürchten, dass ihnen erneut schwere Schatten auf die Seele fallen. Trauer ist nicht einfach im Handstreich überwunden. Da heißt es zu bleiben und auszuhalten, damit nicht die Angst das Herz verschnürt. 
Wenn wir wie Jesus bei Trauernden bleiben, mit ihnen essen und trinken - vielleicht wächst in ihnen und in uns der Glaube: Der Tod hat nicht das letzte Wort. Die Liebe führt hinein in ein neues, vollkommenes Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8013
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