SWR1 3vor8

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Wovon man nicht sprechen kann, darüber sollte man schweigen

Ich bin Peter Kottlorz von der Katholischen Kirche, einen schönen guten Morgen!

„Wovon man nicht sprechen kann, darüber soll man schweigen", das hat der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein gesagt. Und was soll nun solch ein Zitat am Ostersonntagmorgen, könnte man fragen. Und ich könnte antworten, weil er Recht hat, der Philosoph und weil er eben auch nicht Recht hat. Ostern - das Fest, an dem der Kern des christlichen Glaubens gefeiert wird, das Herzstück, mit dem dieser gesamte Glauben steht und fällt, liegt jenseits aller sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten. Und darum wäre es schon eine Möglichkeit darüber zu schweigen. Aber so ist der Mensch nicht. So sind wir Menschen nicht. Wenn unser Herz voll ist läuft uns der Mund über. Wir wollen reden, müssen reden. Selbst wenn die Erfahrungen, die wir so händeringend wie erfolglos mit Worten zu beschreiben versuchen, aus der tiefsten Stille kommen. Wie eben die Auferstehungserfahrungen. In den Texten, die in diesen Stunden in den christlichen Kirchen gelesen werden hört man von den Erfahrungen, die aus der tiefsten Stille gekommen sind. Allen voran die Erfahrung von Maria Magdalena, die so verzweifelt treu wie sie unter dem Kreuz gestanden hatte, so treu ihrem Meister die letzte Zuwendung geben möchte. Seinen geschundenen Leichnam pflegen, ihn ehren, ihn ein letztes Mal schön machen. Und in ihrer tiefsten Trauerstille, vielleicht nach einer durchweinten Nacht, sieht sie ihn, hört sie ihn, erkennt ihn als er ihren Namen ausspricht. Und plötzlich ist es ihr gewiss, von absoluter innerer Sicherheit dass er lebt, in ihr und außerhalb von ihr. Und das muss, soll und will sie weiter erzählen. Da kann sie nicht schweigen.

Was ist nicht alles erklärt, gerätselt und hineininterpretiert worden in diese Erfahrungen des Ostermorgens! Dass Maria Jesus mit dem Gärtner verwechselt habe, dass sie aufgrund der traumatischen Ereignisse Halluzinationen gehabt habe. Oder die schreckliche Wirklichkeit in sich zu einem schönen Erlebnis umgebogen habe um weiter leben zu können. Alles menschliche, sehr menschliche Versuche, das letztlich rational mit dem Kopf nicht Verstehbare erklären zu wollen. Aber wir rationalen Menschen sind wohl noch nicht so weit anzuerkennen, dass es auch Dinge jenseits unserer erklärbaren Welt gibt. Dinge, die immer wieder und mit so großer Kraft aus einer anderen Wirklichkeit in unsere Seelen hinein scheinen dass sie auch unsere äußere, erklärbare Welt verändern - das ist Ostern. Und darüber kann man nicht schweigen, auch wenn es letztlich keine Worte dafür gibt.

Frohe Ostern wünsche ich Ihnen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7995
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