Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Menschen machen Fehler. Auch schwere Fehler. Manchmal überlegt man lange hin und her, weil die Entscheidung schwierig ist. Und später zeigt sich: es war genau das Falsche, was ich getan habe. Ich habe viel kaputt gemacht dabei und Menschen sehr weh getan. Manchmal lässt man sich hinreißen: spontan und unüberlegt. Hinterher weiß man selber nicht mehr, was einen da geritten hat und wie das kam. Aber es ist passiert. Man kann es nicht rückgängig machen. Und manchmal passiert es und man merkt es gar nicht. Erst nach Jahren hört man es vielleicht oder merkt es selber: Wie ich mich damals verhalten habe, das war schlimm für die anderen. Fast wären sie daran zerbrochen.

Ich glaube nicht, dass jemand sagen kann: Das ist mir noch nie passiert.
Und wenn es passiert ist, was dann? Längst nicht alles lässt sich wieder in Ordnung bringen. Muss ich dann sagen: Das verzeihe ich mir nie? Ich kann mich nicht mehr ertragen, weil ich das getan habe?

So wie Judas, der damals Jesus für 30 Silberlinge verraten hat? Vielleicht wollte er wirklich bloß das Geld. Vielleicht wollte er eine Entscheidung erzwingen. Jesus dazu zwingen, endlich ernst zu machen, endlich zu zeigen, was in ihm steckt. Niemand kann das wissen. Aber es war jedenfalls ein schwerer Fehler. Jesus, sein Freund, wurde verhaftet, gefoltert und hingerichtet.

Judas, erzählt die Bibel, bereut das zutiefst. Er macht sich die schlimmsten Vorwürfe. Wie konnte er nur?! Aber es ist nicht mehr zu ändern. Und was jetzt? Wie kann man leben mit so einer Schuld auf dem Gewissen?

Judas bringt den führenden Priestern das Geld zurück, das er von ihnen bekommen hat. „Ich habe euch einen Unschuldigen verraten", bekennt er, voller Verzweiflung. Aber sie lassen ihn im Regen stehen. „Was geht uns das an", sagen sie. „Das ist ganz allein deine Sache, wie du damit zurecht kommst. Das musst du wissen, was du jetzt tust" (Mt 27,4). Keiner fragt ihn, was ihn dazu bewegt bewogen hat. Keiner versucht, ihn zu verstehen. Keiner erinnert ihn an Jesus, der einer Ehebrecherin gesagt hatte: „Ich verdamme dich nicht. Geh hin und tu das nicht mehr!" „Das ist allein deine Sache", sagen sie. Sie sind froh, dass sie da einen Schuldigen haben. So brauchen sie nicht zu ihrem Anteil an dieser Schuld zu stehen.

Und Judas kann seine Schuld allein nicht aushalten. Er erhängt sich. Ungefähr zur gleichen Zeit sagt Jesus über die, die ihn hinrichten: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." (Lk 23, 34) Ich glaube, er hätte auch den Judas nicht allein gelassen mit seiner Schuld - und die nicht, denen heute so etwas passiert,.

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