Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Petrus war ein ganz normaler Mensch. Einer, der sich engagiert hat. Einer der sich Mühe gegeben hat. Und: Einer, der eingeknickt ist, als es eng wurde.

Sie erinnern sich vielleicht an seine Geschichte. Die Bibel erzählt, dass er der Profilierteste war unter den Jüngern von Jesus. Begeistert und entschlossen für die gemeinsame Sache, jedenfalls solange alles gut lief. Aber dann wurde Jesus verhaftet. Die Jünger rannten alle davon, versteckten sich aus Angst, ebenfalls verhaftet zu werden. Und als eine neugierige Magd Petrus entdeckt und nach seiner Beziehung zu diesem Angeklagten fragt, da sagt er: „Mit dem habe ich nichts zu tun. Ich kenne den Mann gar nicht" (Mk 14, 66-72).

Ein ganz normaler Mensch, dieser Petrus. Ein Mann, der versagt, als es darauf ankommt. Wer könnte von sich sagen, dass ihm das nie passieren würde? Ich nicht.

Wenn sie Glück haben, finden sie deshalb Verständnis, die Menschen denen so etwas passiert. „Das hätte mir vielleicht auch passieren können", sagt man. Und denkt vielleicht - insgeheim doch ein bisschen selbstgerecht. „Ist es aber nicht!"

Andere haben Mitleid. „Der arme Mann", sagen sie. „Schade um ihn. Eigentlich war er ein guter. Dass dem so etwas passieren muss!". Und wieder andere sind voller Verachtung für so einen Versager wie Petrus: „Ich wusste es ja, der ist ein Großmaul, nur Sprüche und nichts dahinter. So sind sie wahrscheinlich alle, diese Christen."

Ein ganz normaler Mensch. Als es eng wird, knickt er ein. Und ist unten durch. Man misstraut ihm. Wer weiß, ob ihm das nicht bei nächster Gelegenheit wieder passiert. Er hat seinen Kredit verspielt, sagen die Leute. So einer ist nicht mehr glaubwürdig, nicht als Mensch und nicht als Christ. Jedenfalls: Auf so einen wie Petrus wird sich keiner mehr wirklich verlassen wollen.

Einer aber verlässt sich trotzdem auf ihn. Jesus. Ein paar Wochen später, erzählt die Bibel, da spricht er ihn an. Fragt den Petrus, wie er jetzt zu ihm steht. Hört, wie Petrus bedauert, was geschehen ist. Dass er sich immer noch mehr als alle anderen mit ihm verbunden fühlt.

Da gibt Jesus ihm die Verantwortung für seine verängstigten und verwirrten Anhänger (Joh 21,15ff). Er lässt ihn nicht links liegen. Übersieht ihn nicht, mitleidig und verächtlich. Gerade diesen Petrus hält er für geeignet für die neue Aufgabe. Denn der weiß, was Menschen passieren kann. Er weiß, dass niemand perfekt ist. Und dass Gott gerade mit diesen nicht perfekten, ganz normalen Menschen etwas anfangen kann. Andere gibt es nämlich nicht.

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