Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Jesus war unheimlich genervt von den Debatten mit den Schriftgelehrten.
Darum geht er raus aus Jerusalem, aufs Land über die Grenze in ein Gebiet
andersgläubiger Menschen. Doch auch dort scheint er kein Unbekannter zu sein.
Eine Frau, sie ist Griechin, stürzt auf ihn zu und bittet den fremden Wunder-heiler etwas für ihre kranke Tochter zu tun. Doch Jesus weist sie trotz ihrer inständigen Bitte ab. Mehr noch, er weist sie barsch darauf hin, dass er zuerst zu den Kindern Israels gesandt sei und es nicht recht sei, das Brot den Kindern weg zu nehmen, um es den Hunden sprich den Heiden vorzuwerfen.
Da bleibt mir fast die Spucke weg, bei solch ungewohnt arroganten und knallharten Tönen aus dem Mund Jesu. Die Frau muss sich ja mehr als geohrfeigt vorgekommen sein.
An ihrer Stelle hätte ichauf dem Absatz kehrt gemacht und wäre wohl  heulend vor Wut davon gelaufen.
Nicht aber diese Frau. Sie lässt nicht locker. Schließlich geht es um ihr krankes Kind. Die Abfuhr bremst sie nicht aus. Im Gegenteil, um ihr Ziel zu erreichen, gibt sie Jesus zunächst recht. Sie schiebt ihren ganzen Stolz beiseite und gewinnt ihn für sich, indem sie schlagfertig das Bild von Kindern und Hunden zu ihren Gunsten ummünzt: „Du hast Recht, Herr," sagt sie: „aber auch für die Hunde unter dem Tisch fällt etwas ab, von dem Brot, das die Kinder essen".
Die Liebe zu ihrem Kind und ihr Mut, ihm die Stirn zu bieten, scheinen Jesus zu beeindrucken. „Um dieses Wortes willen", antwortet er, soll sie nach Hause gehen. Ihr Kind sei geheilt. Um dieses Wortes willen wird ihr Kind geheilt. Da steht kein: „Dein Glaube hat dir geholfen" wie sonst oft in Heilungsgeschichten. Ihr Mut, vielleicht ihr Mut der Verzweiflung, dieser unbeirrbare Wille, sich für jemand einzusetzen, den eigenen Stolz hinten anzustellen hat wohl die Kurskorrektur bei Jesus bewirkt. Mir imponiert diese Frau, die sich nicht zu schade ist, um das Wohl ihres Kindes willen auf die Knie zu gehen und doch nicht unterwürfig zu sein. Und mir imponiert auch, dass sich Jesus etwas sagen lässt. Dass ihm wider-sprochen werden kann und dass er sich von dieser Frau wieder „aufs rechte Gleis setzen lässt". Trotz seines Frusts bringt sie ihn dazu, zur Besinnung zu kommen und sich selbst treu zu bleiben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=7923
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