Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Ihr habt jetzt mal Sendepause!“ Das kriegen unsere Kinder gelegentlich von uns zu hören, wenn wir als Eltern einen Moment Ruhe brauchen.
Kürzlich wurde mir allerdings klar, wie fremd den Kindern das vorkommen muss: eine „Sendepause“. Wir leben ja in einer Welt, in der es gar keine Sendepausen gibt!
Es wird immer und überall gesendet. Im Radio finde ich Tag und Nacht verlässlich die Musik, die ich mag. Zum Zuhören oder Mitsingen auf dem Weg zur Schule oder zur Arbeit, beim Einkaufen, beim Verreisen, bei der Haushaltsarbeit, beim Zahnarzt...
Stille ist da eigentlich nicht vorgesehen.
In den 60er Jahren, da gab es im Rundfunk tatsächlich noch diese „Sende-Pause“.
Am Karfreitag zum Beispiel: Um 15 Uhr, zur Sterbestunde Jesu , da schwieg das Radio für eine geschlagene ¼ Stunde und sendete – buchstäblich nichts. Nur Stille.
Wahrscheinlich, weil sich manche Dinge nur sagen lassen, indem man nichts sagt, sondern schweigt. Und wahrscheinlich, weil man manche Antworten nur finden kann, wenn man erst einmal aufhört zu reden und zu diskutieren oder auf die Meinungen anderer zu hören. Und in diesem Schweigen nach innen hört, auf die eigene „innere Stimme“. Vielleicht auch auf „die Stimme Gottes“.
Ich will nicht behaupten, das sei leicht. Denn wer sich selbst eine „Sendepause“ verordnet, wird nicht automatisch gleich die Ruhe genießen können. Zu viel geht einem erst einmal im Kopf herum. Zu viel kommt jetzt erst richtig hoch, was einem das Leben sowieso schon schwer macht. Aber auch wenn es erst einmal nicht unbedingt bequem ist – meine Erfahrung ist – eine Sendepause hilft.
Sie führt mich zur Ruhe. Sie hilft mir dabei, meine Gedanken zu ordnen. Auch meine Sorgen und Befürchtungen kommen in der „Sendepause„ wieder in ein verträgliches Maß. Und so verrückt es klingt: mit so einer „Sende-Pause“ verliere ich keine Zeit. Ich gewinne Zeit: denn danach arbeite ich konzentrierter und ruhiger.
Aber ich muss schon selbst dafür sorgen, dass ich diese „Sende-Pause“ auch bekomme. In der Familie, aber auch bei der Planung meines Tages. Ich finde, es geht am besten immer zur selben Zeit. Immer morgens zum Beispiel, bevor es in der Familie und bei der Arbeit richtig losgeht. Oder immer abends vor dem Schlafen gehen. Mir hilft es auch, dabei ein biblisches Wort zu lesen, und es wirken zu lassen, ohne gleich groß darüber nachzudenken.
Ein Bibelwort finde ich da besonders gut. Es sagt nämlich, dass in der Stille eine große Kraft liegt. Es heißt „ Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen. Durch Stille und Hoffen würdet ihr stark.“ (Jes 30,15)

www.jahrderstille.de
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7879
weiterlesen...