Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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In der fünften Jahreszeit ist nichts normal. Fantasievoll kostümierte Närrinnen und Narren versammeln sich zu Umzügen und lassen das Wintergrau für einige Tage verblassen. Liebevoll gebastelte Geschenke werden verschenkt und überall freuen sich die Kleinen und die Großen an dem bunten Treiben.
In dieser Zeit ist nichts normal. Die Uhren laufen einfach anders.
In dieser Zeit ist es überhaupt kein Problem offen und direkt z.B. den Politikern zu sagen, was man wirklich denkt. Der Bürgermeister wird aus seinem Rathaus vertrieben, Krawatten werden mit Freude abgeschnitten und unter der Maske ist es egal, ob ich Bankangestellter, Kellner oder Hartz IV-Empfänger bin. Es herrscht eben die buchstäbliche Narrenfreiheit.
Im Alltag dagegen machen wir Unterschiede. Das war schon immer so. Die Bibel erzählt uns von Königen, den Oberen, die was Besseres sind. Es gibt Soldaten und Bauern und es gibt natürlich auch die Menschen, die eigentlich keine Rolle spielen. Bettler, Sklaven, Tagelöhner und auch die Fremden, die nicht von hier sind. Die Rollen sind klar verteilt.
In diese Welt hinein ist Jesus gekommen und hat was davon erzählt, dass alle Menschen gleich sind. Dass die ersten die letzten und die letzten die ersten sein werden.
Er hat davon erzählt, dass alle Menschen frei sind, dass die Sklaven nicht weniger wert sind als die Herren und dass auch die Frauen nicht weniger eine Rolle spielen als Männer. Ich kann mir vorstellen, wie das die Menschen durcheinander gebracht hat.
Die Oberen hatten Angst, weil sie ja ihren Status nicht aufgeben wollten und die Kleinen haben sich gefragt, warum sie sich – wenn das so ist – alles von ihren Herren gefallen lassen sollen.
Im Reich Gottes, hat Jesus gesagt, werden die Verhältnisse auf den Kopf gestellt. Und das gilt heute immer noch.
Damit ist nicht die Narrenfreiheit gemeint, wie wir sie in diesen tollen Tagen erleben. Sondern damit ist gemeint, dass Menschen friedlich zusammen leben. Und dass Unterschiede keine Rolle spielen. Dazu braucht es Offenheit und die Bereitschaft sich gegenseitig zu akzeptieren. Und dazu braucht es soziale Strukturen, die keinen Unterschied zwischen den Menschen machen.
Dazu braucht es auch Menschen, die nicht nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und die offen und direkt auf andere Menschen zugehen.
Ein bisschen davon wird in diesen Tagen schon spürbar. Und ich wünsche mir, dass dieses bisschen auch spürbar bleibt, wenn die Masken und Kostüme dann morgen wieder weg gepackt werden.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7738
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