SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken


Der kleine Junge ist sehr arm. Während alle seine Freunde glänzende Spielsachen besitzen, hat er nur eine silberne Taschenuhr, die einmal seinem Großvater gehört hat. Liebevoll hütet er seinen kleinen Schatz.

Eines Tages kommt ein anderer Junge auf ihn zu und schlägt ihm einen Handel vor. Wenn du mir deine Taschenuhr gibst, dann teile ich alle meine wunderbaren Spielsachen mit dir, sagt er. Der kleine Junge wiegt die Taschenuhr in seiner Hand, doch dann schlägt er in den Handel ein. Viel hat er ja nicht zu verlieren.

Am nächsten Morgen steht ein Karton vor seiner Haustür. Gespannt öffnet der kleine Junge die Kiste, um die neuen Spielsachen zu bewundern. Aber was muss er sehen? Zerbrochene Plastikkräne, schäbige Holzbausteine, zerfledderte Stoffpuppen. Sofort stellt er den anderen Jungen zur Rede. Doch der zuckt nur mit den Achseln und meint: Geschäft ist eben Geschäft.

Was für eine empörende Geschichte. So empörend wie die vielen Geschichten, die täglich auf unserer Erde geschehen. Wo die reichen Nationen den Müll produzieren und ihn frei Haus an die ärmeren Länder schicken. Wo die einen von den Bodenschätzen und der Arbeitskraft der anderen profitieren, ohne eine entsprechende Gegenleistung zu geben. Wo ausrangierte Maschinen aus dem Norden gerade gut genug sind, weil im Süden ein Arbeitsunfall nichts so ins Gewicht fällt. Geschäft ist eben Geschäft.

Geschäft ist eben nicht Geschäft. Jedenfalls dann nicht, wenn es ein so schmutziges ist. Und Länder wie Haiti sind deswegen so arm, weil sie einstmals Selbstbedienungsläden für Kolonialmächte waren oder bis heute weit mehr geben als sie bekommen.

Was für empörende Geschichten. Die nur dann irgendwann ein gutes Ende nehmen, wenn Geschäft eben nicht immer Geschäft ist. Oder wenn wir wenigstens damit anfangen, diese Geschäfte wirklich empörend zu finden.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7688
weiterlesen...