Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Geschwister können sich furchtbar streiten. Meine Frau und ich sind manchmal richtig erschrocken, wie heftig unsere beiden Kinder sich in die Haare kriegen.
Neulich hat uns ein befreundetes Ehepaar erzählt: Wenn ihre Kinder sich streiten, sagt die Uroma oft: „Wir früher konnten uns gar nicht streiten. Wir waren damals zwölf Kinder, und hatten so wenig Platz, dass wir zu dritt in einem Bett schlafen mussten. Wenn du mit zwei Geschwistern in einem Bett liegst, kannst du dich mit ihnen unmöglich streiten.“
Ich hab mich gefragt, wie die Uroma das gemeint hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kinder damals nicht gestritten haben. Ich vermute aber, sie hat es so gemeint: Spätestens vor dem Schlafengehen mussten sich die Kinder wieder vertragen. Denn wenn man so nahe beieinander liegt, hat ein Streit unmittelbare Auswirkungen: Der andere lässt mir vielleicht keinen Platz im engen Bett, und wenn ich vor Wut zuschlage, schlägt er womöglich postwendend zurück. Vielleicht haben diese Aussichten auch tagsüber dafür gesorgt, dass der Streit nicht ins Uferlose gewachsen ist und beim Streiten eine Grenze nicht überschritten wurde. Und vielleicht – jedenfalls gefällt mir der Gedanke – hat das gemeinsame Bett die Geschwister auch immer wieder daran erinnert: Wir gehören zusammen.
Ich denke, das sollten sich Eltern und Kinder in einer Familie oder auch Nachbarn und Arbeitskollegen klar machen: Wir gehören zusammen, und das hat Konsequenzen für die Art wie wir miteinander umgehen.
Der Apostel Paulus hat dafür das Bild des Körpers gebraucht. Die Menschen sind wie die einzelnen Gliedmaßen an einem Körper. Sie gehören zusammen und sind aufeinander angewiesen. Deshalb schreibt Paulus in einem seiner Briefe: „Wenn ihr zornig seid, dann ladet nicht Schuld auf euch (… und:) lasst die Sonne nicht untergehen, bevor ihr einander vergeben habt.“ (Epheser 5,26). Wo Menschen miteinander zusammenleben, da streiten sie auch miteinander, das weiß Paulus. Aber er gibt zwei Tipps damit der Streit nicht zerstörerisch wird: Erstens, wenn mich jemand falsch behandelt, dann kann ich auf ihn sauer sein und ihm das sagen. Aber ich muss aufpassen, dass die Sache nicht eskaliert und sich der Streit grenzenlos hochschaukelt. Und zweitens rät Paulus: Versucht euern Streit bis zum Abend zu bereinigen, damit er nicht auch noch den nächsten Tag bestimmt.
Zwei gute Ratschläge, finde ich. Und wenn Sie das auch finden, dann können Sie es ja gleich heute ausprobieren, im Büro zum Beispiel. Auch wenn Sie mit Ihrem Arbeitskollegen heute Nacht nicht im gleichen Bett schlafen müssen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=7557
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