Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Heute vor 195 Jahren ist der Dichter Matthias Claudius gestorben.
Ich mag Matthias Claudius. Ich mag ihn, weil er das schöne Abendlied „Der Mond ist aufgegangen“ geschrieben hat. Und ich mag ihn, weil er in seiner Jugend sehr lustige Gedichte verfasst hat. Ich mag ihn aber vor allem deshalb, weil er konsequent das Leben gelebt hat, das er leben wollte.
Sein Lebensweg war anfangs ziemlich kurvenreich. Claudius hat verschiedene Ausbildungen abgebrochen und auch in der Berufswelt nicht Fuß fassen können. Eine gut bezahlte Verwaltungsstelle hat er nach nur einem Jahr wieder an den Nagel gehängt. – Danach hat er einen Entschluss gefasst: In Zukunft wollte er nur noch für seine Familie da sein und schreiben. Er war als Schriftsteller zwar schon ziemlich bekannt, aber ernähren konnte er von seiner Dichterei weder sich selbst noch seine Frau und seine Kinder. Vor allem seine Frau Rebecca musste anfangs für den Lebensunterhalt sorgen. Als die Geldsorgen immer größer wurden, bat Claudius seinen Landesherren, den König von Dänemark um Unterstützung. Und der tat das tatsächlich. Er zahlte dem armen Dichter ein jährliches Gehalt, ohne irgendeine Gegenleistung zu verlangen.
Über sich selber hat Matthias Claudius gesagt: „Ich bin Hausvater von Beruf“. Den größten Teil seiner Zeit hat er damit verbracht, seine Kinder zu unterrichteten und zu erziehen. Dabei war ihm besonders wichtig, dass sie Freude am Lernen hatten. Er spielte ausgelassen mit ihnen, unternahm lange Spaziergänge und brachte ihnen bei, Instrumente zu spielen. Sein Lebensmotto lautete: Alles ist unwichtig außer einem fröhlichen Herzen.
Ich mag Matthias Claudius. Als ich das meiner Frau erzählt habe, war sie völlig anderer Meinung. „Wie kann man nur so verantwortungslos sein und sich um einen bezahlten Beruf drücken?“ hat sie mich gefragt. Ihr hat vor allem die Frau von Matthias Claudius Leid getan.
Ok, natürlich konnte Claudius nur so leben, weil andere für ihn aufgekommen sind. Mich würde kein König bezahlen, wenn ich ab morgen meine Arbeit an den Nagle hängen würde. - Trotzdem, ich finde Matthias Claudius gibt mir mit der Art und Weise wie er gelebt hat, einen wichtigen Ratschlag, nämlich: „Lass dein Leben nicht nur von äußeren Zwängen - schon gar nicht von wirtschaftlichen – bestimmen, sondern frag auch danach, was zu dir und deinem Leben passt.“

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