Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Gute Vorsätze zum Neujahr sind wie Luftanhalten.
Ich schaffe es eine Weile aber früher oder später muss ich damit aufhören. Genauso ist es auch mit den guten Vorsätzen.
Warum ist das so? Ich denke, das liegt daran, dass Menschen nicht irgendetwas, sondern sich selbst verändern wollen. Fast alle guten Vorsätze fürs neue Jahr kommen aus einer Unzufriedenheit mit mir selbst. Laut einer Tageszeitung stehen in den Top Ten der guten Vorsätze für dieses Jahr Dinge wie: Mehr Sport treiben, Abnehmen, weniger Alkohol trinken, mit dem Rauchen aufhören, mehr Zeit mit der Familie verbringen, sich gesünder ernähren und Stress abbauen.
Hinter all diesen Vorsätzen steckt der Wunsch ein anderer zu sein: Im Idealfall ein schlanker Typ, der jeden morgen Joggen geht, Stress weder mit Rauchen noch mit Alkohol abbaut, seinen Freizeit total gern mit seiner Familie verbringt und sich von Brokkoli und Milch ernährt.
Nur: das bin dann nicht mehr ich. Und ich vermute, genau das ist der Punkt. Ich kann kein anderer werden als der, der ich nun mal bin. Wenn ich es versuche, überfordere ich mich total. Es geht mit viel Anstrengung eine Zeitlang, aber irgendwann hört’s dann auf. Wie beim Luftanhalten.
Ständig mit seinen guten Vorsätzen zu scheitern, macht unzufrieden. Ständig vergeblich ein anderer sein zu wollen, ist frustrierend.
Es gibt einen kleinen Satz, der Frust abbaut und den ich sehr befreiend finde. Er lautet: „Es ist wie es ist - Ich bin eben so wie ich bin, mein Leben ist eben so wie es ist.“ – Es ist wie es ist - Wer das sagen kann, der hört auf, einem Traum von sich selbst hinterher zu hecheln. Und gleichzeitig ist er angekommen bei sich selbst.
Frei durchatmen kann ich in dem Augenblick, in dem ich mich so akzeptieren kann wie ich bin. Aber das ist schwer. Mir hilft dabei, auf Gott zu hören. Denn genau das sagt Gott, wenn er auf mein Leben schaut: „Es ist wie es ist. Du bist wie du bist. Aber mit dir möchte ich etwas zutun haben“. Wie der Vater im Gleichnis vom verlorenen Sohn, einer Geschichte, die Jesus einmal erzählt hat. Der Vater stellt seinem heimkehrenden Sohn, der sein Leben gegen die Wand gefahren hat, auch keine Bedingungen, sondern schließt ihn so wie er ist in die Arme. So ist Gott, hat Jesus gesagt.
Das Interessante an der Sache: Wenn ich mich selbst annehmen kann, wenn der Druck, ein anderer werden zum müssen, weg ist, dann bin ich in der Lage wirklich was zu ändern. Nicht mich, aber etwas: Ich bin kein Spitzensportler, der jeden morgen begeistert joggen geht, und das werde ich auch nicht. Aber öfter ein längerer Spaziergang, das müsste drin sein.
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