Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Fast scheint es, als gäbe es nur zwei Sorten von Menschen: Die Menschenfreunde und die, die Menschen eher verachten.
Die Menschenfreunde sind liebenswerte und hilfsbereite Zeitgenossen. Sie sind im Kontakt mit anderen Menschen, können begeistern und sind optimistisch. Ihre Menschenfreundlichkeit geht so weit, dass es ihnen schwer fällt, jemand einen Wunsch abzuschlagen. Sie können schlecht Nein sagen.
Auf der anderen Seite gibt es die, die Menschen eher verachten. Sie sind willensstark, handeln entschlossen, sind unabhängig von der Meinung anderer, handeln ohne Rücksicht auf Verluste. Sie wollen perfekt sein und haben wenig Sinn für Humor. Sie verlangen von sich und anderen viel, oft zuviel, zumindest legen sie die Messlatte ziemlich hoch. Sie haben wenig Gespür für die Bedürfnisse der anderen.
Ich bleibe mal bei dieser Schwarz-Weiß-Malerei: Die Menschenverachter sind eher Einzelgänger. Sie sind unabhängige Zeitgenossen, kühl, berechnend, sachgetrieben, mit wenig Sozialanschluss. Die anderen sind dagegen gerne in Beziehungen und unter Menschen. Sie sind locker, entspannt, warmherzig und mitfühlend.
Es scheint, dass sich Menschenorientierung und Sachorientierung ausschließen. Dazu kommt, dass es oft eine eigenartige Rollenverteilung gibt: Männer sind eher für die Aufgabenebene zuständig, Frauen eher für die Beziehungsarbeit. Ich halte nichts von solchen Rollenklischees, aber es scheint zu stimmen: „je höher in der Hierarchie, desto einsamer“. Für mich ist ein Satz immer wichtiger geworden, der dieses Freund-Feind-Schema aufbrechen kann: „Hart in der Sache, weich zu den Menschen.“ Das bedeutet, dass es bestimmte Anforderungen gibt, die erfüllt werden müssen. Pünktlichkeit zum Beispiel. Dass gewisse Regeln eingehalten werden müssen, Kompromisse manchmal einfach nicht möglich sind. Trotzdem kann ich großes Verständnis für den einzelnen Menschen haben, für seine Ängste und Fehler, Bedürfnisse und Unzulänglichkeiten: Was braucht dieser Mensch? Welche Unterstützung ist notwendig? Wo ist sein angemessener Platz? „Weich zu den Menschen, hart in der Sache“.
Mitgefühl und Leistung einfordern schließen sich nicht aus.
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