SWR1 3vor8

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Ich bin Peter Kottlorz von der Katholischen Kirche, einen schönen guten Morgen.
„Familie – das ist jener Haufen wildfremder Leute, die sich ein Leben lang verbunden fühlen müssen.“ Na sauber. Ein echter Knaller des Schriftstellers Erhard Blanck. Und das an einem Tag, der in der Katholischen Kirche als Fest der Heiligen Familie gefeiert wird.
Natürlich ist das Zitat provokant überzogen. Denn Familie ist etwas vom Schönsten und Vertrautesten das es gibt. Aber in dem Spruch steckt schon auch eine Wahrheit über die Familie. Das man sich bei aller Vertrautheit auch fremd sein kann oder fremd werden kann.
Darum geht es auch in einem Text, der heute in den Katholischen Kirchen zu hören ist. Die Heilige Familie also Josef Maria und Jesus ist zu einem religiösen Fest nach Jerusalem aufgebrochen. Jesus ist zwölf Jahre alt und Teil einer größeren Pilgergruppe. Als das Fest vorüber ist, stellen seine Eltern auf dem Rückweg fest, dass er nicht bei der Pilgergruppe dabei ist. Sie kehren um, suchen ihn drei Tage lang und finden ihn im Tempel, wo er den religiösen Lehrern zuhört und mit ihnen debattiert. Sie sind natürlich stocksauer, weil sie Angst um ihn hatten. Jesus reagiert aber uneinsichtig, ja fast barsch und fragt: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“
Das ist schon ein doppelter Affront. Ihm ist wurscht, ob sich seine Eltern um ihn sorgen. Und dann sagt er auch noch, dass ein anderer Vater, also Gott, bei ihm an erster Stelle steht.
Auch wenn diese Worte von einem pubertierenden Jungen kommen, der sich deutlich von seiner Familie abgrenzt, für die besorgten Eltern ist das schon starker Tobak. Grund genug die Heilige Familie religiös nicht zu sehr zu überhöhen oder gar zu verkitschen. Denn die diese Familie hatte schon ganz schön was auszuhalten mit ihrem ganz besonderen Sohn. Von seiner Geburt bis zu seinem Tod am Kreuz. Aber unter diesem Kreuz stand dann am Ende wer? Seine Mutter, seine Tante und andere Frauen, seine Familie eben... Und das zeigt dann wiederum die andere Seite von Familie, das „heilige“ Potential von Familie: Dass es Vater, Mutter, Söhne, Töchter oder Geschwister gibt, die zu mir stehen, egal was passiert. Die tun was sie können. Und wenn es am Ende nur noch ohnmächtig lieben ist.
Einen schönen Sonntag wünsch’ ich Ihnen! https://www.kirche-im-swr.de/?m=7412
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