Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es war ein Lichtblick für eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen fünf und achtzehn Jahren. Ihr Alltag sah Jahre zuvor noch ziemlich dunkel aus. Sie alle stammten aus Familien, die äußerst arm waren oder deren Eltern sie vernachlässigten. Geborgenheit und Liebe war ihnen deshalb fremd.
Doch nun war das anders. Seit einigen Jahren lebten sie in dem alten Bauernhaus, das einem jungen Mann gehörte, der sich zusammen mit seiner Mutter und zweien seiner Geschwister um sie kümmerte. Kennengelernt hatten sie ihn als Lehrer, dem es allerdings nicht allein um Wissensvermittlung ging. Er interessierte sich auch für die Lebensverhältnisse, aus denen seine Schüler und Schülerinnen kamen. Berührt von der Not, die er dort sah, suchte er nach Möglichkeiten, Licht in ihr dunkles Leben zu bringen. Und so entstand die Idee einer großen Familie, in der möglich werden sollte, was daheim nicht möglich war: Sich einzuüben in eine zwanglose Gemeinschaft und sich Schritt für Schritt auf einen Beruf vorzubereiten.
Mehr als 170 Jahre ist das inzwischen her. Der junge Mann hieß Johann Hinrich Wichern, als Begründer kirchlicher Sozialarbeit weithin bekannt. Doch wir verdanken ihm nicht nur das. Im „Rauhen Haus“ in der Nähe von Hamburg, das Wichern 1833 mit den ersten Kindern und Jugendlichen bezog, entstand schon bald der Grundgedanke, aus dem sich später der Adventskranzbrauch entwickelt hat. Ins Zentrum der täglichen Andachten hatte Wichern ein altes, mit Tannenzweigen geschmücktes Wagenrad gestellt, auf dem so viele Kerzen angebracht waren, wie die Adventszeit Tage hatte. Vier davon waren etwas dicker als die übrigen: Sie kennzeichneten die vier Adventssonntage.
Was mich an dieser Geschichte berührt, ist ihr Symbolgehalt: Die wachsende Zahl der Lichter erzählt davon, wie das Leben der im „Rauhen Haus“ wohnenden jungen Leute immer heller wurde. Zugleich wuchs auch ihre Hoffnung, in der Gesellschaft Fuß zu fassen und aus dem Teufelskreis der Armut auszubrechen.
Die Lichter des Adventskranzes werden auch auf Jesus hin gedeutet, der von sich selber gesagt hat: „Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt.“ Im „Rauhen Haus“ des Johann Hinrich Wichern ist dieses Wort lebendig geworden. https://www.kirche-im-swr.de/?m=7211
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